Gegenwind für Kurdenreferendum
Irakisches Gericht fordert Aussetzung – Weltweite Kritik
Erbil/Bagdad – Das geplante Unabhängigkeitsreferendum in der autonomen Region Kurdistan im Nordirak stößt auf immer mehr Widerstand: Der Oberste Gerichtshof des Irak hat am Montag die Aussetzung der Abstimmung angeordnet. Die Vorbereitung des für den 25. September geplanten Referendums solle gestoppt werden, bis das Gericht Klagen geprüft habe, wonach das Referendum verfassungswidrig sei.
Die Zentralregierung in Bagdad ist gegen die Abstimmung – und auch international wird die Kritik immer lauter: Die Nachbarstaaten Türkei und Iran hatten sich bereits zuvor – mit Blick auf die kurdische Minderheit im eigenen Land – ablehnend geäußert. Teheran kündigte an, die Zusammenarbeit, besonders die militärische, mit den irakischen Kurden einzustellen, wenn es zur Unabhängigkeit komme. Ankara hielt am Montag ein großangelegtes Militärmanöver an der irakischen Grenze ab. Präsident Tayyip Erdogan will am Rande der Uno-Vollversammlung in New York über das Thema mit dem irakischen Premier Haidar alAbadi sprechen. In New York bezeichnete Frankreichs Außenminister das Referendum als „unangebracht“und rief zu Gesprächen zwischen Bagdad und Erbil auf.
Auch Uno-Generalsekretär Antonio Guterres forderte am Wochenende Verhandlungen: Bagdad und Erbil sollten die offenen Fragen „durch strukturierten Dialog und konstruktive Kompromisse“lösen. Das Referendum würde „von der Notwendigkeit eines Sieges“über die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) und dem Wiederaufbau im Land ablenken.
Barzani: „Keine Alternative“
Ähnlich hatten sich die USA bereits am Freitag geäußert – kurz nachdem das Regionalparlament in Erbil für eine Abhaltung des Referendums am 25. September stimmte. Der Präsident der kurdischen Regionalregierung, Massud Barzani, erklärte, bislang sei kein Vorschlag vorgelegt worden, der eine Alternative zu dem Referendum darstellen könne. Das Parlament in Bagdad hatte zuvor gegen den geplanten Volksentscheid gestimmt und ihn als verfassungswidrig bezeichnet.
Von den etwa 39 Millionen Einwohnern des Irak sind rund 15 bis 20 Prozent Kurden. Sie stellen neben den arabischen Schiiten und Sunniten die dritte große Volksgruppe im Land. Die meisten Kurden leben im Norden des Landes, wo sie in ihrer Autonomieregion große Unabhängigkeit genießen und wo die Sicherheitslage im Vergleich zum Rest des Landes als stabil gilt. Dort haben sie in ihrer Hauptstadt Erbil eine eigene Regierung und ein eigenes Parlament, das allerdings die vergangenen zwei Jahre politisch gelähmt war und nicht tagte. (dpa, red)