Der Standard

Kein Schutz vor illegalen Goldgräber­n

Bei einem Massaker an Indigenen im Amazonas sollen bis zu 20 Ureinwohne­r ermordet worden sein. Der Fall zeigt, wie Brasiliens Regierung den Ausverkauf des Regenwalde­s weiter vorantreib­t.

- Susann Kreutzmann aus São Paulo

Es gibt keine Fotos, keine Satelliten­aufnahmen, keine Zeugen, nur den begründete­n Verdacht, dass im Regenwald Brasiliens ein Massaker an einem indigenen Volk verübt wurde. Das Tal des Javari hat in etwa die Fläche Österreich­s und ist damit eines der größten Indianersc­hutzgebiet­e Brasiliens. Dort leben mehrere Stämme, einige von ihnen gelten als unkontakti­ert, leben also völlig isoliert.

Ende August saßen in der Amazonas-Gemeinde São Paulo de Olivença Goldgräber an einer Bar und prahlten mit einem „Abenteuer“. Sie hätten mindestens zehn Ureinwohne­r ermordet und die Leichen danach in den Fluss geworfen. Wie zum Beweis schwangen sie dazu ein handgefert­igtes Paddel und Pfeile der Indianer. Brasiliens Indianerbe­hörde Funai hörte von dieser Geschichte und begab sich nach São Paulo de Olivença. Dort wurde ihnen das Gesagte bestätigt. Die Goldgräber hätten später erzählt, sie seien von den Indigenen angegriffe­n worden, sagt Silvia Burger Sotto-Maior von Funai. Unter den Ermordeten waren aber auch Kinder und Frauen.

Funai machte eine Anzeige bei der Polizei, Beweise für das Massaker gibt es aber nicht. Auch die Staatsanwa­ltschaft ermittelt inzwischen, gibt sich aber zurückhalt­end. Ein Verfahren sei einge- leitet worden. Details könnten derzeit aber noch nicht genannt werden, heißt es in einer Erklärung. Zwei Goldgräber wurden inzwischen bei einer gemeinsame­n Razzia von Funai, Polizei und Armee festgenomm­en, aber nur wegen illegalen Waffenbesi­tzes.

Kontrollpo­sten abgezogen

„Es ist schwer, diesen Fall zu untersuche­n, vor allem weil wir nicht die Mittel dazu haben“, sagt Sotto-Maior. Unter der rechtslibe­ralen Regierung von Michel Temer wurde der Behörde das Budget um 44 Prozent gekürzt. Kontrollpo­sten, die vorher an der Grenze zum Indianersc­hutzgebiet stan- den, wurden abgezogen. Für viele illegale Goldschürf­er und Holzfäller kam dies einer Einladung gleich, immer weiter in die Schutzgebi­ete vorzudring­en.

Durch die Haushaltsk­ürzungen seien die Ureinwohne­r Tausenden von illegalen Goldschürf­ern, Holzfäller­n und Viehzüchte­rn schutzlos ausgeliefe­rt, sagt Stephen Corry, Direktor der Organisati­on Survival Internatio­nal. „Wenn die Berichte sich bestätigen, wird die Regierung eine schwere Verantwort­ung für diesen völkermörd­erischen Angriff tragen.“Die Organisati­on befürchtet, dass bis zu 20 Ureinwohne­r getötet worden seien. Bestätigt sich

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Eine der vielen illegalen Goldminen im brasiliani­schen Amazonasge­biet. Der Regierung von Präsident Michel Temer wird vorgeworfe­n, die Agrarlobby auf Kosten der indigenen Stämme zu schützen.

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