„Wien verliert die besten Bewerber“
Bis zu zehn Monate müssen Mediziner auf einen Ausbildungsplatz in Wien warten
Wien – Frischgebackene Ärzte brauchen Geduld. Zumindest wenn sie nach dem Medizinstudium das verpflichtende Basisjahr an einem Spital des Wiener Krankenanstaltenverbunds (KAV) absolvieren wollen. Acht bis zehn Monate beträgt aktuell die Wartezeit auf den neunmonatigen Common Trunk.
Das gilt auch für Sophie S. (Name der Redaktion bekannt), die Anfang September an der Wiener Med-Uni promovierte. Für sie war schon während ihres finalen Studienjahrs – des klinisch-praktischen Jahrs, das sie in verschiedenen Spitälern in Wien und Niederösterreich absolvierte – klar, dass sie in Wien ihre Basis- und Facharztausbildung machen will. Im November des Vorjahrs meldete sie sich dafür an.
Der Rückstau, mit dem die Jungmediziner konfrontiert sind, beschleunige wieder den Effekt, dass Absolventen abwandern – nicht nur aus Wien, sondern aus ganz Österreich, sagt Thomas Szekeres, Präsident der Österreichischen Ärztekammer, zum STANDARD. Eigentlich würden Ärzte eher gesucht werden. Wartezeiten seien gefährlich: „Damit verliert Wien die besten Bewerber.“
Aus dem KAV heißt es, dass eine chronologische Anmeldeliste abgearbeitet werde, dadurch ergebe sich die Wartezeit. Wollen die Absolventen nach dem Basisjahr auch gleich die Facharztausbildung am KAV absolvieren, hätten die Abteilungsvorstände die Entscheidung, welchen Arzt sie für ihre Ausbildungsstelle haben wollen. Dennoch heißt es warten: Sophie S. hat die Zusage einer Station und wurde trotzdem von der zentralen Anmeldestelle darüber informiert, die Basisausbildung frühestens in sechs Monaten beginnen zu können. Wie sie die Zeit bis dahin überbrücken kann oder ob sie zu einem anderen Träger wechselt und auf ihre präferierte Fachrichtung verzichten muss, hat sie noch nicht entschieden.
Beim Wiener KAV als größtem Spitalsträger Österreichs sind rund 1000 Ärzte in Ausbildung. Außerdem gibt es in der Bundeshauptstadt noch die Möglichkeit, den Common Trunk im Allgemeinen Krankenhaus (AKH), in den Ordensspitälern (Vincenz-Gruppe), in den Unfallkrankenhäusern (AUVA) oder im Hanusch-Krankenhaus (WGKK) zu absolvieren.
In seiner Stellungnahme verweist der KAV auf die Ärztekammer, die noch 40 Ausbildungsstel- len genehmigen müsse. Das weist Kammerpräsident Szekeres zurück. Die Bewilligung der Plätze sei fast zur Gänze abgewickelt, dafür habe die Standesvertretung zusätzliches juristisches Personal engagiert. Außerdem können Facharztstellen auch rückwirkend anerkannt werden