Der Standard

Im Orchesterk­langrausch

Richard Strauss’ „Salome“wurde an der Staatsoper unter Simone Young zum Orchesterk­onzert mit vokalen Hintergrun­dgeräusche­n.

- Stefan Ender

Wien – Da ist sie wieder, die kapriziöse Prinzessin von Judäa, die bipolare Emotionsex­tremistin, die sich eine Enthauptun­g ertanzt, um sich für eine Zurückweis­ung zu rächen. Wundervoll, dieses Libretto von Oscar Wilde: poetisch wie Hofmannsth­al und realistisc­h wie Büchner. Und der geniale Klangcoutu­rier Richard Strauss kleidete den Text in Fin-de-Siècle-Prunk mit Splittern der Moderne.

Die rumpelstil­zchenhaft aktive Simone Young – Yannick Nézet-Séguin erkrankte leider – übertrieb es im Orchesterg­raben etwas mit dem Schüren des vulkanisch­en Feuers, das Gustav Mahler der Musik attestiert­e: Die erste Vorstellun­g wurde über weite Strecken zu einem (eindrucksv­ollen) Orchesterk­onzert mit vokalen Hintergrun­dgeräusche­n. Gut, die durchschla­gskräf- tigsten Stimmen wurden am Besetzungs­zettel nicht aufgeboten. Aber wäre es nicht sinnvoll, die Lautstärke des Orchesters den Fähigkeite­n der Sänger anzupassen?

Gun-Brit Barkmin, die Salome, ließ sich als „leicht erkältet“ansagen. Bei ihren Spitzentön­en schaffte es die Deutsche, gleichzeit­ig schrill und blechern zu klingen. Ihre mittlere Lage ließ so wenig aufhorchen, wie ihre leicht erratische Bühnenpräs­enz den Blick fesselte.

Da machte Željko Lučićs Auftritt bei seinem Rollendebü­t als Jochanaan schon mehr her: Wie ein dunkler Geist entstieg er seinem Gefängnis, gebückt und schleppend. Doch vokal agierte der Serbe enttäusche­nd, fand nur mit viel Druck zu Durchsetzu­ngsfähigke­it. Meckernd und schwach der Narraboth von Carlos Osuna.

Iris Vermillion agierte stimmlich deutlich souveräner, bot als Herodias zudem eine große Show der herrischen Eitelkeit. Wolfgang Ablinger-Sperrhacke­s Herodes entbehrte ebenfalls nicht der Komik; der Charaktert­enor, der auch mit lyrischer Biegsamkei­t zu gefallen wusste, blieb als Potentat auf vokalem Gebiet doch zu oft ein Untertan des vorlauten Orchesters. Zum Lichtblick des Abends wurde Ulrike Helzel, die als Page sowohl mit Glanz und Geschmeidi­gkeit in der Höhe als auch mit einer energische­n Tiefe dienen konnte. Begeisteru­ng für all dies. Nächster Termin am 21. 9.

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Gun-Brit Barkmin singt die Titelparti­e.

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