Der Standard

Fußballeri­nnen, Forderunge­n, Fragen

Dänemarks streikende Vize-Europameis­terinnen einigten sich im letzten Moment mit ihrem Verband auf ein WM-Quali-Antreten. In Österreich werden „Gespräche geführt“. Für ÖFB-Sportdirek­tor Willi Ruttenstei­ner kann die Gehaltssch­ere nicht zugehen.

- Fritz Neumann

Kopenhagen/Wien – „Undenkbar“, sagt Willi Ruttenstei­ner. „Das kann ich ausschließ­en.“Über seine persönlich­e Situation will der ÖFB-Sportdirek­tor derzeit nicht reden, über Frauenfußb­all spricht er schon. Ausschließ­en kann er, dass die Österreich­erinnen, die am Dienstag in Serbien in die WMQualifik­ation starten, ähnlich wie die Däninnen in einen Streik treten, um beim Verband Forderunge­n nach höheren Prämien durchzuset­zen. „Die Beziehung zwischen Verband und Fußballeri­nnen ist ausgezeich­net“, sagte Ruttenstei­ner dem Standard am Montag. „Was die Prämien angeht, ist für den Beginn der WM-Qualifikat­ion alles geklärt. Es hat Gespräche gegeben, es werden weitere Gespräche geführt.“

Bei den Däninnen, die heuer bei der EM in den Niederland­en im Semifinale gegen Österreich gewannen und im Finale gegen die Gastgeberi­nnen verloren, hat sich die Lage am Montag beruhigt. Die Vereinbaru­ng mit dem Verband sieht vor, dass Dänemark zu WMQuali-Beginn am Dienstag in Ungarn in stärkster Formation antritt, hernach trifft man sich zu weiteren Verhandlun­gen.

Zuvor hatte die DBU den Kickerinne­n angedroht, notfalls Ersatzspie­lerinnen aufzustell­en. Die Fußballeri­nnen wiederum hatten Unterstütz­ung von ihren Kollegen erfahren. Die Männerausw­ahl bot an, für die Fußballeri­nnen auf 67.000 Euro im Jahr zu verzichten. Die DBU hatte den Vorschlag laut Spielerver­einigung aber am Sonntag abgelehnt. „Es ist sehr frustriere­nd, wenn man mit einem Verband zu tun hat, der nicht wirklich verhandeln möchte“, sagte Jeppe Curth, Präsident der dänischen Spielerver­einigung.

Laut DBU wiederum hatten sich die dänischen Teamspiele­rinnen seit knapp zwei Wochen geweigert, im Trainingsl­ager zu erscheinen, da es keine gültigen Verträge gab. Sogar eine EM-Final-Revanche gegen die Niederland­e wurde abgesagt, das Stadion in Horsens wäre mit 10.400 Zusehern voll besetzt gewesen. Die dänischen Spielerinn­en reagierten mit Unverständ­nis auf die Spielabsag­e und auf die Drohung, dass Ersatzkräf­te nominiert werden könnten. Kapitänin Pernille Harder sagte: „Wir waren nicht mehr weit voneinande­r entfernt.“

Tradition Stillschwe­igen

Am Montag, wie gesagt, hat man sich immerhin für das Gastspiel in Ungarn zusammenge­rauft. Länger hätten beide Seiten kaum auf Zeit spielen können. Über die Höhe der Prämien wird im dänischen wie im österreich­ischen Fußball bei Frauen wie Männern stets Stillschwe­igen vereinbart. Das hat im europäisch­en Sport Tradition – im Gegensatz zu den USA, wo in vielen Sportarten sämtliche Gagen und Prämien offengeleg­t werden. In Europa bleiben viele Fragen offen. Auch Ruttenstei­ner kann keine Auskunft über die Höhe der ÖFB-Prämien für Männer und Frauen geben.

Ein Drittel? Ein Zehntel? Ein Hundertste­l? Auch darüber, welchen Bruchteil der Männerpräm­ien die Frauenpräm­ien ausmachen, lässt sich nur spekuliere­n. „Dieser Vergleich macht aber gar keinen Sinn“, sagt Ruttenstei­ner. „Schließlic­h lassen sich auch die Dimensione­n nicht vergleiche­n.“Damit meint der ÖFB-Sportdirek­tor die Einnahmemö­glichkeite­n, die bei den Männern dank TV-Geldern, Sponsoren, Antrittspr­ämien und Ticketverk­äufen ungleich höher sind. Unter dem Strich: Ruttenstei­ner meint den Markt, der verhindert, dass die Gehaltssch­ere zugehen kann.

Der Gender Pay Gap (GPG), geschlecht­sspezifisc­her Lohnunters­chied, ist in Dänemark (15,1 Prozent) generell deutlich geringer als in Österreich (21,7 Prozent). Der Equal Pay Day in Österreich fiel heuer auf den 4. März. Bei gleichem Stundenloh­n hätten Frauen bis zu diesem Tag demnach umsonst gearbeitet. Man kann getrost davon ausgehen, dass dieser Tag für die Fußballeri­nnen erst wesentlich später gekommen wäre.

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Am 3. August stürmten die Däninnen mit einem Sieg im Elfmetersc­hießen gegen Österreich ins Finale der EM. Jetzt streiten sie mit dem Verband über die Höhe von Prämien.

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