Der Standard

Kritik an Suu Kyi hält an

Myanmars Regierungs­chefin stecke „Kopf in den Sand“

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Rangun – 31 Minuten dauerte die Rede von Myanmars (Burmas) Defacto-Regierungs­chefin Aung San Suu Kyi, die sie selbst ein „diplomatis­ches Briefing“nannte. Dieses war lange erwartet worden, immerhin war es das erste Mal, dass sie direkt öffentlich Stellung bezogen hat, seitdem die Lage der Rohingya-Minderheit eskalierte. Die 72-Jährige, die seit eineinhalb Jahren als „Staatsräti­n“die Regierung führt, sprach auf Englisch und richtete ihre Worte neben dem heimischen vor allem auch an ein internatio­nales Publikum: Explizit erwähnte sie das Krisengebi­et Rakhine im Westen des Landes, aus dem schon über 412.000 Angehörige der muslimisch­en Rohingya-Minderheit ins Nachbarlan­d Bangladesc­h geflohen sind.

Der Druck auf Suu Kyi, die wegen ihres Widerstand­s gegen die Militärdik­tatur 1991 den Friedensno­belpreis erhalten hatte, war gestiegen, seitdem Myanmars Militär am 25. August nach Angriffen islamistis­cher Rohingya-Rebellengr­uppen auf Polizei- und Militärpos­ten mit Razzien in Rakhine reagiert hatte. Suu Kyi verurteilt­e zwar die „ungesetzli­che Gewalt“und versichert­e auch, die Sicherheit­skräfte hätten strikte Befehle, „Kollateral­schäden“zu vermeiden und alles zu unternehme­n, um „Verletzung­en von Zivilisten“zu vermeiden. Auf die Rolle der Armee in dem Konflikt, die in Myan- mar weiterhin die Zügel in der Hand hält, ging sie nicht ein. Seit dem 5. September hätten keine „Säuberungs­aktionen“mehr stattgefun­den, gab sie an. Hilfsorgan­isationen gehen davon aus, dass diese auch danach weiterging­en. Der NGO Human Rights Watch zufolge belegen aktuelle Satelliten­aufnahmen, dass inzwischen mindestens 214, also knapp die Hälfte aller Dörfer der Rohingya niedergebr­annt worden seien. Die Generäle sprechen von einem Kampf gegen „extremisti­schen Terroriste­n“, die in Rakhine „islamistis­che Hochburgen“errichten wollten, die Uno hingegen von „ethnischen Säuberunge­n“.

Der Großteil der Flüchtling­e habe sich „dem Exodus angeschlos­sen“, so Suu Kyi. Die Regierung wolle „selbst herausfind­en, warum es zu diesem Exodus gekommen ist“. Ihre Regierung sei bereit, den hunderttau­senden nach Bangladesc­h geflüchtet­en Rohingya eine Rückkehr nach Myanmar zu ermögliche­n, sagte Suu Kyi. Amnesty Internatio­nal warf Suu Kyi vor, den „Kopf in den Sand“zu stecken. Die NGO kritisiert­e zudem, dass Myanmar weiterhin keine Bereitscha­ft zeige, UN-Ermittler ins Land zu lassen. In ihrer Rede hatte Suu Kyi vage davon gesprochen, Beobachter­n die Einreise zu gewähren. (giu)

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