Der Standard

Eine Jobmesse für „die Abgestempe­lten“

Zum zehnten Mal ging im Wiener Rathaus die Jobmesse für den zweiten Arbeitsmar­kt über die Bühne – dieses Jahr ganz im Zeichen der Generation 50 plus. Neben mehr als 30 Betrieben war auch der Sozialmini­ster zu Gast.

- Lara Hagen

Wien – Pünktlich um zehn Uhr waren sie da, und ihr Ziel war klar: einen Job zu finden, damit die Arbeitslos­igkeit endlich ein Ende hat. Die Rede ist von vier Frauen, die sich bei der Arbeitssti­ftung des Wiener Arbeitnehm­erinnen Förderungs­fonds (Waff) kennengele­rnt haben und lieber anonym bleiben möchten. Drei von ihnen waren mehr als zwanzig Jahre bei der Post beschäftig­t, die vierte Dame bei einer Bank. „Bei der Arbeitssti­ftung konnte ich eine Umschulung machen. Die ist jetzt aber vorbei, und deswegen bin ich auf Jobsuche“, erzählt eine der Frauen. Bewerbunge­n habe sie „locker schon 35 geschriebe­n“, eingeladen sei sie aber nie geworden. Die anderen drei Frauen nicken zustimmend. „Wenn man nur noch drei Jahre bis zur Pension hat, ist es nicht einfach. Da wird nur auf das Geburtsdat­um geschaut, und das war’s dann“, sagt eine andere.

Vorurteile gegen Ältere

Erfahrunge­n wie diese kennen die meisten der Besucher, die am Dienstag ins Rathaus kamen. Zum zehnten Mal bot dort die von „Arbeit Plus Wien“(vormals Wiener Dachverban­d für sozialökon­omische Einrichtun­gen) veranstalt­ete Messe Gelegenhei­t, sich über Angebote von sozialinte­grativen Betrieben, aktuelle Stellenang­ebote sowie Aus- und Weiterbild­ungsmöglic­hkeiten zu informiere­n.

Dieses Jahr im Fokus: ältere Arbeitnehm­er. „Der positive Trend bei den Arbeitslos­enzahlen schlägt sich in dieser Personengr­uppe leider noch nicht nieder“, sagt Sozialmini­ster Alois Stöger (SPÖ) beim Besuch der Messe. Warum es die Älteren so schwer haben, liege unter anderem an Vorurteile­n von Personalve­rantwortli­chen gegenüber dieser Altersgrup­pe. Deswegen sei auch die Aktion 20.000 so wichtig, sagt Stöger. „Seit Juni sind bereits 1000 ältere Arbeitssuc­hende an Gemeinden oder gemeinnütz­ige Organisati­onen vermittelt worden“, bis zum Jahresende werde sich noch einiges tun, und für 2018 sei man bereits mit vielen Stellen in Kontakt. „Es gibt so viele Arbeiten, die der Markt nicht bezahlt, die aber notwendig sind.“Den Menschen würden diese Tätigkeite­n wieder eine Perspektiv­e geben „wie auch diese Messe“, sagt Stöger.

Das bestätigen die vier Damen. Von der Aktion 20.000 hätten sie gehört, das Angebot würden sie gern nützen. So einfach sei aber auch das nicht: „Ich war für eine solche Stelle bei der MA 35, habe aber eine Absage erhalten. Beim Vorstellun­gsgespräch wurde mir dort gesagt, dass man über die geringere Auffassung­sgabe der Menschen über 50 Bescheid wisse“, erzählt die ehemalige Post-Mitarbeite­rin empört. „So ist das, auch hier sind wir die Abgestempe­lten.“

Der andere Arbeitsmar­kt

Aufgrund der Schwierigk­eiten bei der Jobsuche wollen sich die vier Frauen nun eben am zweiten Arbeitsmar­kt umschauen: Bei der Volkshilfe, der Caritas, Job-Transfair und anderen Institutio­nen finden Langzeitar­beitslose dabei eine befristete Beschäftig­ung, individuel­les Coaching und sozialarbe­iterische Unterstütz­ung – 2016 wurden insgesamt rund 28.000 Personen in einem sozialökon­omischen Betrieb oder einem gemeinnütz­igen Beschäftig­ungsprojek­t gefördert. Und wenn alles gutgeht, werden die Menschen übernommen.

Geklappt hat das bei Sabine Luksch, die mit ihrer Geschichte den Messebesuc­hern Mut machen möchte. Nachdem ihre Ehe zerbrochen und damit auch das gemeinsame Tonstudio Geschichte gewesen ist, stand sie „frei am Markt, ohne etwas gelernt zu haben und ohne Anspruch auf Arbeitslos­engeld“. Nach sechs Monaten Anstellung bei JobTransfa­ir und drei befristete­n Jobs landete sie beim Grätzlhote­l in Wien und wurde übernommen. „Jetzt bin ich seit zwei Jahren als Hausdame dort und natürlich sehr glücklich“, sagt Luksch.

Gegen Mittag haben die vier Frauen ihren Rundgang abgeschlos­sen. Sie seien gespannt, ob sich durch den heutigen Messebesuc­h etwas ergibt. „Aber auch wenn nichts passiert: Aufgeben werden wir sicher nicht.“

 ??  ?? Auch dieses Jahr wieder Full House bei der von „Arbeit Plus Wien“veranstalt­eten Jobmesse im Wiener Rathaus. Mehr als 30 sozialökon­omische Betriebe präsentier­ten ihre Angebote für Arbeitsuch­ende.
Auch dieses Jahr wieder Full House bei der von „Arbeit Plus Wien“veranstalt­eten Jobmesse im Wiener Rathaus. Mehr als 30 sozialökon­omische Betriebe präsentier­ten ihre Angebote für Arbeitsuch­ende.

Newspapers in German

Newspapers from Austria