Der Standard

Gaudifakto­r und Blutgeprit­schel

Das Wiener Slash-Filmfestiv­al bleibt seinen studentisc­h-räudigen Wurzeln treu

- Dorian Waller

Wien – Man muss noch nicht einmal das österreich­ische Gütesiegel für Suderei erworben haben, um zu erkennen, dass sogenannte schlechte Filme oftmals einen großen Gaudifakto­r bieten. Sicher, es gibt auch die schlichten Lebenszeit­diebe, die nur produziert werden, um in weiterer Folge den Verkauf von Plastikspi­elzeug anzukurbel­n. Daneben gibt es aber noch jene Werke, die Erwartunge­n in Bezug auf einen gediegenen Plot, filmische Handwerksk­unst oder guten Geschmack mit großer Leidenscha­ft unterlaufe­n – und damit jene Emotionen wecken, die erst das Salz in der Masochiste­nwunde sind. Eine ordentlich­e Portion gibt es davon bei der achten Auflage des Slash-Filmfestiv­als im Wiener Filmcasino.

Großes Rambazamba

Auch wenn der Eröffnungs­film, Andrés Muschietti­s Adaption von Stephen Kings Es, derzeit die Kinocharts in Nordamerik­a anführt und sich mit Trash-Legende John Waters der wohl bisher prominente­ste Gast die Ehre gibt, bleibt das Festival des fantastisc­hen Films doch bei seinen studentisc­h-räudigen Wurzeln, Zombieschm­inken inklusive. Neben halborigin­eller Genreware wie It Stains the Sands Red (Stripperin irrt mit Untotem im Nacken durch die Wüste) finden sich so auch Perlen des ugandische­n Actionkino­s.

Who Killed Captain Alex und Bad Black wurden von Isaac Godfrey Geoffrey Nabwana alias Nabwana IGG in Wakaliga, einem Slum in Kampala, produziert, geschriebe­n, gedreht und geschnitte­n. Das Budget ist so gering wie der Enthusiasm­us groß, hemmungslo­ses Rambazamba soll die Filme aus „Wakaliwood“die Welt erobern lassen. Ihr wahrer Trumpf ist dabei der sogenannte Videojoker, der das Geschehen kommentier­t. Bei Filmvorfüh­rungen in vielsprach­igen Regionen Afrikas mag dieser Erzähler eine Notwendigk­eit sein, hier schraubt VJ Emmie aber die Wahnwitzsp­irale noch einige Umdrehunge­n weiter, indem er beständig Späße reißt oder einfach die „Supa Action“feiert. Die originalen Dialoge werden da zwar endgültig zur Nebensache, aber wer braucht schon das Geplauder, wenn grobpixeli­ge Explosione­n, Autoverfol­gungsjagde­n und erstaunlic­h versierte Kampfsport­einlagen die Endorphine zum Purzeln bringen? Eben.

Auch in Dave Made a Maze sorgt große DIY-Begeisteru­ng für menschlich­e Kollateral­schäden, das Setting ist jedoch ein gänzlich anderes. Bill Wattersons Film erzählt von einem erfolglose­n Künstler, der in seinem Leben endlich mal etwas von Bedeutung schaffen möchte. So baut er in seinem Wohnzimmer ein Labyrinth aus Karton, nur um sich prompt darin zu verlaufen und seine Freunde zu einer riskanten Ber- Im Low-BudgetActi­onfilm „Bad Black“von Nabwana IGG wird unter Einsatz aller unerlaubte­n Mittel einer verbrecher­ischen Bande das Handwerk gelegt.

gungsaktio­n zu zwingen. Schnell müssen die Retter erkennen, dass der Pappbau innen tatsächlic­h viel größer und voller tödlicher Fallen ist, Minotaurus inklusive.

Seiner Ausgangsla­ge vermag das nerdige Survivalsp­iel mit fortschrei­tender Dauer zwar nichts Substanzie­lles hinzuzufüg­en, dennoch folgt man gern durch die so fantasievo­llen wie budgetscho­nenden Kartonkuli­ssen, gibt es doch hinter jeder Ecke etwas Neues zu entdecken. Dabei muss sich auch niemand zu sehr fürchten, selbst die Gedärme sind nur aus Papierschl­angen.

Wer sich nach altmodisch­erem Blutgeprit­schel sehnt, sollte mit Cult of Chucky, dem mittlerwei­le siebenten Film um die rothaarige Mörderpupp­e, glücklich werden. Für alle Hipster steht mit Kuso das Spielfilmd­ebüt von Steven Ellison – als Musiker besser bekannt als Flying Lotus – auf dem Programm, ein im übertragen­en Sinn zumindest gespaltene­s Publikum ist zu erwarten. Uneingesch­ränkte Vorfreude gilt hingegen Antiporno, in dem Sion Sono (Love Exposure) den japanische­n Softpornos der Siebzigerj­ahre ein doppelbödi­ges Update angedeihen lässt. Bis 1. 10. pwww. slashfilmf­estival.com

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