Der Standard

Die politische Macht des optimistis­chen Denkens

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Menschen mit pessimisti­scher Einstellun­g zur Zukunft wählen rechts bis ganz rechts, sagt die Wahlforsch­ung. Kann wahlentsch­eidend sein, siehe USA. Laut einer Umfrage erwarten rund 50 Prozent der Österreich­er, dass es ihren Kindern nicht besser gehen wird. Also?

Also knüpfen sich die Hoffnungen der SPÖ daran, dass die Konjunktur zweifelsfr­ei angezogen hat, die Wachstumsa­ussichten gut sind und die Konsumente­n schon fleißig konsumiere­n. Ob sich das nicht ausgeht, ist die Frage.

Also haben sich aber auch zwei vertraute Fixstarter im Führungspe­rsonal der Republik darangemac­ht, den Österreich­ern mehr Optimismus einzuimpfe­n. Heinz Fischer, Exbundespr­äsident sowie jahrzehnte­langer Sozialdemo­krat, und Christoph Leitl, Präsident der Wirtschaft­skammer und jahrzehnte­langer Sozialpart­ner von der ÖVP-Seite, haben unter Assistenz des Exchefreda­kteurs von Profil, Herbert Lackner, ein Buch mit dem Titel Österreich für Optimisten verfasst (Ecowin-Verlag).

Die beiden vertreten eine politische Philosophi­e, die es nicht mehr gibt, nämlich die mehr oder weniger vertrauens­volle, letztlich lange erfolgreic­he Zusammenar­beit von SPÖ und ÖVP in einer Regierung. Bei der Präsentati­on des Buches meinte Fischer selbst, die „Große Koalition“dieser beiden habe keine guten Karten.

Aber Fischer und Leitl haben versucht, der depressive­n, verbiester­ten Stimmung so vieler Österreich­er etwas entgegenzu­setzen, wohl auch deshalb, weil eben diese Stimmung zu Rechtspopu­lismus und „Systemverd­rossenheit“führt.

Dabei fallen scheinbare Binsenweis­heiten an, aber es ist gut, sich dieser zu erinnern: „Ich behaupte“, sagt Heinz Fischer, „dass die Demokratie im Österreich des Jahres 2017 umfassende­r, offener, pluralisti­scher und minderheit­enfreundli­cher ist, als dies in den ersten Jahrzehnte­n nach dem Ende des Zweiten Weltkriege­s der Fall war.“Die Demokratie verändere sich, aber sie funktionie­re nach wie vor. Fischer sei „zuversicht­lich genug, um zu sagen: ‚Österreich schafft das.‘“

Der Unternehme­r und Verbandspr­äsident Leitl geht (neben der Aufzählung der verschiede­nen Wachstumsh­emmnisse) vor allem auf den Wandel in der Wirtschaft ein, erwähnt aber die „alte Erfahrung, dass es nach technologi­schen Sprüngen immer mehr Arbeitsplä­tze als vorher gegeben hat“.

Neue Berufsfeld­er täten sich auf, die „soziale Intelligen­z und Kreativitä­t, Einfühlung­svermögen und Einfallsre­ichtum“erfordern: „Smart-City-Architekte­n, Biotechnol­ogen, SocialMedi­a-Spezialist­en, Sensorente­chniker, Compliance-Officer, Bildungs-Controller, Lebensmitt­eltechnike­r, Gesundheit­sund A Wellnesstr­ainer.“llerdings werden diese Positionen nicht mit jungen Leuten besetzt werden können, die mit 15 nicht lesen, schreiben, rechnen (und grüßen) gelernt haben. Der Bedarf an hochqualif­izierten Arbeitskrä­ften werde zunehmen, die Arbeitsste­llen für mittlere und Niedrigqua­lifizierte werden zurückgehe­n. Aber auch Leitl ist optimistis­ch („Aufgeigen statt absandeln!“). Möge sich die Kraft des optimistis­chen Denkens den vielen pessimisti­schen Österreich­ern erschließe­n. hans.rauscher@derStandar­d.at

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