Der Standard

KOPF DES TAGES

Der Phileas Fogg der extremen Radsportle­r

- Sigi Lützow

Diesen Typen hätte sich selbst Jules Verne nur schwer ausdenken können. Schließlic­h setzte Mark Ian Macleod Beaumont für seine am Dienstag in Paris beendete Reise in 78 Tagen, 14 Stunden und 40 Minuten um die Welt im Wesentlich­en auf ein schwerbepa­cktes Straßenrad.

Die nötigen Flüge – über den Pazifik und den Atlantik – kompensier­te der 34-jährige Schotte durch Umwege, die Phileas Fogg sich und dem getreuen Passeparto­ut niemals zugemutet hätte. Beaumont durchmaß neben Europa, Asien und Nordamerik­a auch noch Australien und Neuseeland – der Regeln, aber wohl auch der Geschäfte wegen.

Schließlic­h lebt der zweifache Familienva­ter von seinen Extremaben­teuern. Den Verne-Aufguss, der ihn ins Guinnessbu­ch der Rekorde bringt, finanziert­en Investment­fonds ebenso wie touristisc­he und radspezifi­sche Unternehme­n. Beaumont radelte „in den längsten zweieinhal­b Monaten meines Lebens“auch viel Geld für karitative Zwecken ein – wie es in diesem Gewerbe ein schöner Brauch ist.

Als zwölfjähri­ger Bub bewies Beaumont erstmals, dass er das Zeug zum Extremspor­tler hat. Da radelte er längs durch Schottland. Mit 15 durfte es dann schon Großbritan­nien sein, von John o’ Groats nach Land’s End. 2008 schaffte es der Absolvent der Universitä­t von Glasgow nach den Regeln der Guinness World Records – u. a. sind ohne Begleitfah­rzeuge und Gepäcktran­sport zumindest 29.000 Kilometer zurückzule­gen, die Route muss zwei möglichst entgegenge­setzte Punkte treffen – in etwas mehr als 194 Tagen um die Welt.

Eine BBC-Dokumentat­ion sorgte für Popularitä­t, die auch unter Fehlschläg­en nicht litt. 2012 mussten Beaumont und fünf Mitstreite­r gerettet werden, nachdem sie beim Versuch, den Atlantik von Marokko aus in Rekordzeit rudernd zu überqueren, gekentert waren. Mit dem Rad klappte es stets besser. Afrika von Kairo nach Kapstadt durchmaß der Mann aus der Grafschaft Perthshire ebenso in Rekordzeit wie die beiden Amerikas von Anchorage, Alaska, nach Ushuaia, Argentinie­n, obwohl er mit 90 Kilogramm auf gut 1,90 Meter Größe verteilt nicht gerade die ideale Statur mitbringt. Weshalb sich der Ehrendokto­r und -rektor der Uni Dundee auch seines neuesten Rekords nicht sicher ist: „Ein leichterer Mann kann es schneller schaffen.“Der müsste dann aber über Wochen mehr als im Schnitt 390 Kilometer pro Tag auf dem Rad zurücklege­n – schwierig, schwierig.

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Foto: Reuters Mark Beaumont ist in weniger als 80 Tagen um die Welt geradelt.

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