Der Standard

„Auf Punkt und Beistrich“

Van der Bellen bezeichnet Iran als vertragstr­euen Partner

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New York – Alexander Van der Bellen kann sich durchaus diplomatis­ch ausdrücken – wenn er will. In Bezug auf die Rede seines USKollegen Donald Trump wählte der Bundespräs­ident aber lieber die unverblümt­e Ausdrucksw­eise. „Wenn ich es boshaft formuliere­n würde: Das war eher eine an seine Wähler in der Provinz gerichtete Wahlkampfr­ede, aber nicht eine von dem Format, das man an sich an die Adresse von über 190 Staats- und Regierungs­chefs bei der Uno erwarten würde“, sagte der Bundespräs­ident am Dienstagab­end (Ortszeit) im Gespräch mit Journalist­en in New York. Und fügte an: „Ich bin enttäuscht.“

Enttäuscht darüber, dass Trump und seine Botschafte­rin bei der Uno, Nikki Haley, offenbar alles daransetze­n, den 2015 in Wien ausgehande­lten internatio­nalen Atomdeal mit dem Iran platzen zu lassen. Die Diplomatin exponiert sich mit harten Äußerungen zum Iran und zu Nordkorea, sodass es in New Yorker Diplomaten­kreisen schon heißt, es werde nicht mehr lange dauern, bis Rex Tillerson seinen Sessel als US-Außenminis­ter wird räumen müssen. Van der Bellen versichert­e indes, dass sich ausnahmslo­s alle seine Gesprächsp­artner aus Europa sicher seien, dass sich der Iran „auf Punkt und Beistrich“an den Deal halte. Teheran sei ein „vertragstr­euer Partner“. Diesen Eindruck habe er auch nach einem bilaterale­n Gespräch mit Präsident Hassan Rohani gehabt. Auch Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron teile diese Sicht, sagten sowohl Van der Bellen als auch Außenminis­ter Sebastian Kurz.

Kurz änderte in diesem Sinn auch den Text seiner Rede vor der Uno und fügte an die Adresse Trumps eine Passage zum Iran bei, in der er zur Einhaltung des Vertrages auffordert­e. Van der Bellen kritisiert­e auch die „rückwärtsg­ewandte Betonung der Nationalst­aaten“in Trumps Rede vom Dienstag.

Kritik an Atomwaffen­vertrag

47 Staaten unterzeich­neten am Mittwoch im Rahmen der UN-Generalver­sammlung einen neuen Vertrag, der ein Verbot von Atomwaffen vorsieht. Dieser war im Juli nach mehreren Monaten Verhandlun­gen im Uno-Hauptquart­ier von 122 der 193 Uno-Staaten verabschie­det worden, darunter auch von Österreich, das sich dafür starkgemac­ht hatte. Sebastian Kurz hatte in seiner Rede für den Vertrag geworben. Die Nato-Staaten lehnen den neuen Vertrag ab. Österreich­s Außenminis­ter sagte daraufhin, die Nato sollte sich dieser Abrüstungs­initiative vielmehr „anschließe­n, statt sie zu kritisiere­n“. Da die Atommächte das Abkommen boykottier­en, ist es nur symbolisch. (gian, APA)

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