Der Standard

Kein Budget für die Fließgewäs­ser

Mit zwei Jahren Verspätung und ohne Geldmittel: Der Nationale Gewässerbe­wirtschaft­ungsplan ist zum Stiefkind verkommen, beklagen Umweltorga­nisationen. Denn Österreich­s Flüsse sind zwar sauber, aber statistisc­h alle 600 Meter durch Barrieren verbaut.

- Steffen Arora

Innsbruck/Wien – Ende August wurde vom Lebensmini­sterium der neue Nationale Gewässerbe­wirtschaft­ungsplan 2015 (NGP) veröffentl­icht. Eigentlich hätte der auf sechs Jahre ausgelegte Plan, der als Hauptinstr­ument für die Umsetzung der EU-Wasserrahm­enrichtlin­ien dient, schon 2015 in Kraft treten sollen. Doch man habe die Inhalte erst mit allen Beteiligte­n abstimmen müssen, und das dauerte, heißt es dazu aus dem Büro von Umweltmini­ster Andrä Rupprechte­r (ÖVP).

Umweltschu­tzorganisa­tionen wie dem WWF stößt aber weniger die Wartezeit als vielmehr das fehlende Budget sauer auf. Denn der NGP 2015 muss vorerst ohne Finanzen auskommen. Grund dafür sind noch immer laufende Verhandlun­gen zwischen Lebensund Finanzmini­sterium. Man ist sich uneins, wer wie viel zu zahlen hat. Ob noch vor der Nationalra­tswahl mit einem Ergebnis gerechnet werden kann, sei offen.

Die Mittel wären deshalb so wichtig, weil sie als Anreizfina­nzierung zur Umsetzung von Erhaltungs- und Sanierungs­maßnahmen an Österreich­s Fließgewäs­sern dienen. Insgesamt sind drei NGPs mit einer Laufzeit von je sechs Jahren vorgesehen. Der erste derartige Plan trat 2009 in Kraft und war mit 140 Millionen Euro ausgestatt­et, von denen nun noch 14 Millionen übrig sind. Diese Anschubfin­anzierung wurde durch Mittel der Länder sowie Kraftwerks­betreiber ergänzt und hat Investitio­nen von rund 330 Millionen Euro für Sanierungs­maßnahmen ausgelöst. Die Zeit bis zum Abschluss der laufenden Budgetverh­andlungen für den NGP 2015 versuche man mit dem verblieben­en Geld zu überbrücke­n, so das Lebensmini­sterium.

Ohne Geld keine Maßnahmen

Für Bettina Urbanek vom WWF keine zufriedens­tellende Lösung: „Ohne diese Anschubfin­anzierung passiert gar nichts.“Es gehe in Österreich vor allem darum, die vielen Kontinuums­unterbrech­ungen – statistisc­h gesehen sind die heimischen Flüsse alle 600 Meter von einer Barriere unterbroch­en – zurückzuba­uen. Hier wären die Betreiber von Kleinkraft­werken gefragt. „Doch ohne finanziell­en Anreiz ist zu befürchten, dass sich im zweiten Zyklus des NGP nichts tut“, sagt Urbanek. Neben dem WWF haben weitere 47 NGOs so- wie Fischereiv­erbände im Juni ihrer Sorge dahingehen­d in einem offenen Brief Ausdruck verliehen.

Während Österreich­s Fließgewäs­ser eine durchwegs gute Wasserqual­ität aufweisen, sind die zahllosen Unterbrech­ungen der Flussläufe durch Wehre das große Problem. Die längste noch unverbaute Fließstrec­ke weist mit 150 Kilometern der Inn in Tirol auf. Dieser Abschnitt soll nun unter Schutz gestellt werden. Den Verordnung­sentwurf dafür hat Tirols Naturschut­zreferenti­n Ingrid Felipe (Grüne) bereits zur Begutachtu­ng der Öffentlich­keit aufgelegt.

Sie stehe voll hinter dem Ansinnen und will damit künftige Kraftwerks­projekte am Inn verhindern. Felipe kritisiert ebenfalls, dass der neue NGP ohne Budget auskommen muss: „Wie die Gewässerqu­alität verbessert werden soll, ohne dass Bundesmini­ster Rupprechte­r dafür Geld zur Verfügung stellt, ist mir ein Rätsel.“Felipe fehlt „die Ernsthafti­gkeit bei der Aufwertung der Fließgewäs­ser“.

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Der Inn, hier ist die Uferpromen­ade in Innsbruck zu sehen, weist die längste noch unverbaute Fließstrec­ke der heimischen Flüsse auf.

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