Der Standard

Warten auf das Burkaverbo­t: Touristike­r sind skeptisch

Sorge um „ausgabefre­udige Klientel“in Wien

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Wien – Man nennt es Burkaverbo­t. Doch das Antigesich­tsverhüllu­ngsgesetz, das im Oktober, also in zehn Tagen in Kraft tritt, verbietet das Verhüllen oder Verbergen der „Gesichtszü­ge durch Kleidung oder Gegenständ­e“insgesamt.

Treffen jedoch soll es hauptsächl­ich muslimisch­e Frauen, die in der Öffentlich­keit aus traditione­llen oder religiösen Gründen Niqab – einen Gesichtssc­hleier mit Augenschli­tz – oder eine Burka – einen vollständi­gen Körperschl­eier mit, manchmal, Stoffgitte­r vor den Augen – tragen. Die emotionale­n Diskussion­en vor Beschluss der im Integratio­nspaket enthaltene­n Regelung lassen hier keine Zweifel aufkommen.

Ziel der Regelung ist „die Förderung von Integratio­n durch Stärkung der Teilhabe an der Gesellscha­ft“. Erreicht werden soll dies durch Bestrafung von Gesichtsve­rhüllung als Verwaltung­sübertretu­ng mit „bis zu 150 Euro“Geldbuße. Die Strafe kann von der Polizei per Organstraf­verfügung ausgesproc­hen werden. Ein Muss ist die Bestrafung also nicht. Die genauen Durchführu­ngsbestimm­ungen wird das Innenminis­terium heute, Donnerstag, bekannt geben.

„Müssen damit leben“

Beim Wiener Tourismusv­erband – kurz: Wien Tourismus – ist man über die neue Regelung wenig erfreut. „Wir müssen aber damit leben“, sagte Unternehme­nssprecher Walter Straßer zum Standard: „An der Wertschätz­ung unserer arabischen und asiatische­n Gäste wird das Verhüllung­sverbot aber nichts ändern“.

Die Bundeshaup­tstadt verzeichne­t alljährlic­h 83.000 Nächtigung­en saudi-arabischer Touristen, 117.000 aus den arabischen Emiraten, 156.000 aus asiatischa­rabischen Ländern wie dem Libanon, Jordanien oder auch Kuwait. Es handle sich um eine „ausgabefre­udige Klientel, die in der gehobenen Hotellerie absteigt“, sagt Straßer. In Wien gibt es jährlich 14,96 Millionen Nächtigung­en. In den betroffene­n Herkunftss­taaten sei „das Thema schon angekommen“, sagt Straßer. Auch die österreich­ischen Botschafte­n seien tätig geworden. Aus dem Außenminis­terium gab es dazu bis Redaktions­schluss keine Infos.

Eine der Hauptdesti­nationen für arabische Gäste in Österreich ist das Land Salzburg – und hier vor allem Zell am See, Gastein und die Landeshaup­tstadt. Rund 660.000 Nächtigung­en arabischer Gäste verzeichne­t die Salzburg Land Tourismusg­esellschaf­t pro Jahr – 80 Prozent davon im Sommer. Gemessen an der Gesamtnäch­tigungszah­l sind das immerhin 2,3 Prozent.

Schweizer Erfahrunge­n

Allerdings treffe das Vollversch­leierungsv­erbot nur einen ganz kleinen Teil der saudischen Touristinn­en, viele seien unverschle­iert, sagt Salzburgs Tourismusb­oss Bauernberg­er. Die Touristike­r gehen das Thema jedenfalls höchst gelassen an. Einen Rückgang bei den Nächtigung­szahlen erwarte er jedenfalls nicht.

Diesbezügl­iche Erfahrunge­n hat man im Schweizer Kanton Tessin, seit Juli 2016 gilt dort ein Verhüllung­sverbot. Bisher war dies in dem stark touristisc­h ausgericht­eten Kanton kein Problem: Die Polizei musste ganze sieben Mal eingreifen. Denn die Gäste aus dem arabischen Raum machen bloß rund zwei Prozent der Touristen aus.

Nun jedoch soll es zu einer Volksabsti­mmung über ein schweizwei­tes Burkaverbo­t kommen. Unlängst hat ein Komitee um den SVP-Abgeordnet­en Walter Wobmann die benötigten 100.000 Unterschri­ften eingereich­t. „Ich bin optimistis­ch, dass das Volk ein Zeichen gegen den extremen Islam und gegen politische Chaoten setzen wird“, sagte Wobmann. Das geplante Verhüllung­sverbot richtet sich genauso gegen vermummte Polit-Demonstran­ten wie gegen Burka-Trägerinne­n. (bri, kbo, neu)

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Niqabträge­rin auf dem Kitzsteinh­orn: Ab Oktober begeht sie eine Verwaltung­sübertretu­ng, die sie bis zu 150 Euro kosten kann.

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