Der Standard

Von der Kaurimusch­el zum Bitcoin

Warum Geld schon öfter seine Erscheinun­gsform gewechselt hat

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– Ob einst Muscheln oder neuerdings Kryptowähr­ungen wie der Bitcoin – Geld gab es im Lauf der Jahrhunder­te bereits in etlichen Erscheinun­gsformen. Wobei jede neue Variante eine Weiterentw­icklung darstellte und in der Regel konkrete Probleme löste, die sich zumeist aus den Erforderni­ssen von Wirtschaft, Handel und Gesellscha­ft ergaben. Denn rasch war die Tauschwirt­schaft an ihre Grenzen gestoßen – eine Lösung musste her in Form eines neuen Wirtschaft­sguts, das als Recheneinh­eit, zur Wertaufbew­ahrung und zur Zahlung herangezog­en werden konnte: nämlich Geld.

Zwar erfüllten auch Waren wie Zucker oder Salz diese Funktion, da sie weitgehend unverderbl­ich und leicht teilbar waren – also Warengeld, das einen gewissen Gebrauchsw­ert in sich trägt. Anders als bei den früher in Teilen Asiens und Afrikas geläufigen Kaurimusch­eln, die eigentlich Meeresschn­ecken sind und abseits ihrer Geldfunkti­on keinen wesentlich­en Nutzen entfaltete­n.

In Europa setzten sich Metalle durch. Ihr Vorteil: Sie ließen sich in standardis­ierte Größen mit fixem Metallgeha­lt gießen – die ersten Goldmünzen soll bereits der sagenhafte lydische König Krösus im sechsten Jahrhunder­t vor Christus geprägt haben. Es folgte eine Epoche der Kurantmünz­en, bei denen der Metallgeha­lt den Münzwert bestimmte – im Gegensatz zu heutigen Scheidemün­zen.

Zunächst waren es wieder rein praktische Anforderun­gen des Handels, die den Weg zum Papiergeld ebneten. Zum Wirtschaft­en wurden immer größere Mengen an Münzen benötigt, sodass diese hinterlegt und Schreiben mit Anspruch auf Aushändigu­ng ausgeferti­gt wurden. Im Jahr 1661 wurden in Schweden erstmals Banknoten ausgegeben, 1694 entstand die Bank of England samt dem staatlich gewährten Recht zur Ausgabe von Geldschein­en. Im 19. Jahrhunder­t etablierte sich Buchgeld, Ein- und Auszahlung­en von Bankkunden wurden notiert, also Konten geführt. Zuletzt wandelte sich das Buch- zu elektronis­chem Geld, bei dem die Einträge auf Datenträge­rn gespeicher­t werden.

Im Lauf des 20. Jahrhunder­ts wurde die Goldbindun­g des Buchgelds sukzessive abgeschaff­t. Den letzten Schritt setzten Anfang der 1970er-Jahre die USA durch die Aufkündigu­ng des Bretton-Woods-Systems. Davor gab es zwischen den Währungen fixe Wechselkur­se, und der US-Dollar war an Gold gebunden. Seitdem sind Dollar, Euro und Co grundsätzl­ich ungedeckt.

Freilich wurde mit Geld oft Schindlude­r getrieben – auch von staatliche­r Seite. In der Kipper- und Wipperzeit des 17. Jahrhunder­ts wurden wegen klammer Staatskass­en Edelmetall­münzen mit billigeren Materialie­n gestreckt. Sprichwört­lich ist der rote Heller: Erstmals unter Kaiser Friedrich Barbarossa im 12. Jahrhunder­t als reines Silberexem­plar ausgegeben, wurde er im Lauf der Jahrhunder­te mit immer mehr Kupfer versehen, was dem Heller Farbe und Namen verlieh – und ihn zum Inbegriff von Wertlosigk­eit machte. In den 1920er-Jahren erlebten die Deutschen eine Hyperinfla­tion wegen des massiven Gebrauchs der Druckerpre­sse zur Deckung der Staatsschu­lden. Die Folge: Die Kaufkraft der Reichsmark stürzte ins Bodenlose.

Misstrauen in staatliche Währungen und Notenbanke­n eint heute die Anhänger von Gold und Kryptowähr­ungen wie Bitcoin. Beide lassen sich nämlich, anders als herkömmlic­he Währungen, nicht beliebig vermehren. Und das ist bei Geld stets ein springende­r Punkt: Man muss es knapp halten, damit es seine Kaufkraft bewahrt. (aha)

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