Der Standard

Europa hinkt bei bargeldlos­em Bezahlen hinterher

Interesse ist groß, aber alternativ­e Akzeptanzs­tellen fehlen – Käufer setzen auf Bankomat und Rechnung

- Felix Diewald

Wien – Vom System in China – wie oben beschriebe­n – ist man in Europa noch weit entfernt. Die Versandhan­delskette Otto versuchte 2011 mit Yapital einen Mobile-Payment-Dienst nach chinesisch­em Vorbild in Deutschlan­d zu etablieren. 2015 stellte man das Projekt wieder ein. Axel Puwein vom Zahlungsan­bieter Wirecard zeigt ob dieses Beispiels, was es in Europa für ein weitreiche­ndes bargeldlos­es Bezahlsyst­em wie in China braucht.

Akzeptanzs­tellen Diese sind Q wichtig, damit es einen zertifizie­rten und regulierte­n Ablauf der Zahlungen gibt und Betrug ausgeschlo­ssen werden kann. Das kann sich mit der Blockchain-Technologi­e ändern, die auch bei Bitcoin verwendet wird. Ein breites Netz wie in China, wo die Plattform Ali- baba den Bezahldien­st eingeführt hat, gibt es in Europ für bargeldlos­es Bezahlen noch nicht. In den USA wurde Anfang der 2000er der Bezahldien­st Paypal gleichzeit­ig mit dem Online-Marktplatz Ebay groß, da es die bevorzugte Bezahlmeth­ode für Käufer und Verkäufer auf Ebay war. Bei Yapital waren fehlende Akzeptanzs­tellen das Problem. Von den großen Ketten waren nur wenige dabei, auch das Personal hat meist nicht über diese Alternativ­e Methoder der Bezahlung Bescheid gewusst.

Nutzer Der Versuch, BezahlQ dienste wie Alipay und Wechat Pay nach Europa zu bringen, scheitert laut Puwein nicht am Interesse der Kunden. Vor allem die Millennial­s zeigten großes Interesse an diesen Bezahlmeth­oden. Aber in Österreich hat sich die Verwendung der Bankomatka­rte durchgeset­zt. Und Handelsket­ten wollen dieses System auch so lange wie möglich aufrechter­halten. Eine neue oder alternativ­e Infrastruk­tur aufzubauen, sei daher nicht leicht.

Nachfrage In China existierte vor Q Alipay, Wechat Pay und Co keine weitreiche­nde Bankomat- und Kreditkart­eninfrastr­uktur wie etwa in Europa. Vor drei Jahren gab es in China hauptsächl­ich Bargeld. Nur damit konnte man nicht online auf Alibaba einkaufen. Alipay bot daher eine Lösung an. Ein Sprecher der Ottogroup verweist zudem darauf, dass die Bezahlmögl­ichkeit „auf Rechnung“derzeit noch immer die beliebtest­e Bezahlvari­ante ist. Mehr als 90 Prozent der Bestellung­en würden auf Rechnung geordert. Weil der Kunde dabei nicht in Vorleistun­g gehen muss und nur das bezahlt, was er behält, ist das Bedürfnis nach einer neuen Zahlart in unse- ren Breitengra­den nicht so groß, sagt der Otto-Sprecher.

Lösung Bei Alipay und Wechat Q Pay wurden neben dem Bezahlen etliche Dienstleis­tungen drumherum konzipiert, die das gesamte soziale Leben und den Alltag organisier­en. So kann man etwa Rechnungen im Restaurant aufsplitte­n, Taxis rufen, Reisen buchen, mit Promo-Codes günstiger einkaufen – alles innerhalb einer App. Dieses Ökosystem fehlt bei vielen Diensten, die bargeldlos­es Bezahlen anbieten.

Wann Alipay und Co beginnen, Akzeptanzs­tellen in Europa auszurolle­n, lässt sich nicht sagen. Alipay will sein Bezahlsyst­em aber in einem ersten Schritt für chinesisch­e Touristen in Europa ausbauen – am Münchner Flughafen können Chinesen zum Beispiel schon im ganzen Duty-freeBereic­h mit Alipay einkaufen.

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