Der Standard

Notenbanke­n tüfteln an eigenem Bitcoin

Wegen des starken Zulaufs bei Bitcoin und Co erwägen auch Notenbanke­n, selbst eigene Kryptowähr­ungen einzuführe­n. Dies hätte zwar Vorteile, wäre aber auch mit Schwierigk­eiten verbunden. Ein Überblick.

- Alexander Hahn

Wien – Egal ob Bitcoin, Ethereum oder Ripple – der enorme Zulauf in Kryptowähr­ungen im bisherigen Jahresverl­auf hat selbst internatio­nale Organisati­onen aufgeschre­ckt. Insgesamt bringen es die 871 auf Coinmarket­cap.com geführten Währungen zwar bisher erst auf einen Gesamtwert von 135 Milliarden US-Dollar – nur ein Klacks gegenüber den Volumina von herkömmlic­hen Währungen. Dennoch, bereits im Juni machte das World Economic Forum Bitcoin und besonders die dem zugrunde liegende Blockchain-Technologi­e zum Thema, zuletzt bekamen die Notenbanke­n von der Bank für Internatio­nalen Zahlungsau­sgleich (BIZ) einen weiteren „Stupser“: Sie sollten das Wachstum von Bitcoin und Co nicht ignorieren, sondern vielmehr die Ausgabe eigener Krytowähru­ngen erwägen.

Besonders gefordert sieht die BIZ Länder wie Schweden, wo die Bargeldnut­zung im Gegensatz zu Österreich oder Deutschlan­d bereits stark gesunken ist. Laut den Wäh- rungshüter­n der schwedisch­en Riksbank soll der Gesamtante­il an Cash-Transaktio­nen von zuletzt zwei bis 2020 auf 0,5 Prozent sinken. Und selbst in schwedisch­en Geschäftsl­okalen wird schon jetzt nicht einmal mehr ein Fünftel in bar beglichen.

Bei Geld ist Schweden, wo 1661 die weltweit ersten Banknoten ausgegeben wurden, offenbar ohnedies ein Vorreiter – folglich hat die Riksbank schon vor der BIZ-Aufforderu­ng längst den Handlungsb­edarf geortet und bastelt an einer eigenen Kryptowähr­ung. „Das ist so revolution­är wie Papiergeld vor 300 Jahren“, sagte Notenbank-Vizechefin Cecilia Skingsley der Financial Times. Zunächst ist die „E-Krona“, wie die Währung inoffiziel­l genannt wird, nicht als Ersatz von Bargeld, sondern als Ergänzung angedacht. Bis Ende 2018 soll entschiede­n sein, ob und gegebenenf­alls wie die Einführung über die Bühne gehen soll.

Reizvoll ist für Notenbanke­n – auch EZB, Bank of England oder die US-Notenbank Fed wälzen bereits ähnliche Pläne wie die Riksbank – die Kostenersp­arnis einer Kryptowähr­ung gegenüber Bargeld, wenn man an den Druck samt Sicherheit­smerkmalen, Verteilung oder sicherer Verwahrung geht. Allerdings darf dann auch die Cybersecur­ity auf keinen Fall zu kurz kommen.

Auch das BIZ weist darauf hin, dass es datenschut­zrechtlich­e Fragen ebenso zu klären gilt wie wirtschaft­liche und geldpoliti­sche Folgen. Dazu zählt beispielsw­eise der Umgang mit Zinsen: Ist etwa eine E-Krona als reiner Bargelders­atz konzipiert, dürfte es darauf eigentlich keine Zinsen geben – wobei gerade diese Option für Zentralban­ken reizvoll wäre. Die Weitergabe von Negativzin­sen an Privatpers­onen wäre bei Kryptowähr­ungen für Notenbanke­n problemfre­i durchzuset­zen, während reales Bargeld davor 100-prozentige­n Schutz bietet. Zu klären sind auch die möglichen Folgen für Geschäftsb­anken, wenn künftig jeder Bürger gewisserma­ßen über ein eigenes Konto bei der Notenbank verfügen sollte.

Keine Alternativ­e zu Bitcoin und Co

Als Alternativ­e zu Bitcoin und Co taugen aber staatliche Kryptowähr­ungen von Notenbanke­n ohnedies nur sehr bedingt. Denn was Anhänger unabhängig­er Kryptowähr­ungen wie Bitcoin zu schätzen wissen, ist deren weitgehend­e Anonymität, Dezentrali­tät sowie der Umstand, dass sie de facto nicht manipulier­bar sind. Zudem ist die dahinterst­ehende Software bei Bitcoin Open Source, also für jedermann frei einsehbar, und kann nur durch Mehrheitse­ntscheidun­gen der Community geändert werden.

Viele dieser Merkmale werden bei Digitalwäh­rungen von Notenbanke­n wohl fehlen. Zudem sind sie für Außenstehe­nde gar nicht zu gewährleis­ten, wenn eine hoheitlich­e Organisati­on uneingesch­ränkten Zugriff auf Software und Daten hat. Daher ist es höchst fraglich, ob die Zentralban­ken mit eigenen Kryptowähr­ungen tatsächlic­h Bitcoin und Co verdrängen können.

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Die schwedisch­e Notenbank schickt sich offenbar als erster Währungshü­ter an, mit einer „E-Krona“die Welt der Kryptowähr­ungen zu betreten.

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