Der Standard

„Geht’s Mittel- und Osteuropa gut, geht’s Wien auch gut“

Die Region wächst fast so stark wie vor der Krise, trotzdem bleiben für Unternehme­n Herausford­erungen

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Wien – Derzeit herrschen goldene Zeiten im Central and Eastern Europe-Raum, kurz CEE. Das sagt zumindest Arnold Schuh, CEE-Experte der Wirtschaft­suniversit­ät Wien in einem Pressegesp­räch am Dienstag. Es ging dabei um die Situation von Industrieu­nternehmen, die von Wien aus im CEERaum tätig sind.

Die Region wächst gerade um 1,1 Prozent stärker als der EU-Durchschni­tt, so der WU-Professor. Man nähere sich den Wachstumsz­ahlen aus der Periode 2001 bis 2007 an. Bevor die Wirtschaft­skrise für „fünf Jahre Stagnation“sorgte.

Auch die Industriep­roduktion stieg stark an: Die Slowakei etwa konnte diesen Bereich seit 2010 um 50 Prozent ausbauen. Mit Bezug auf Österreich könne man sagen: „Gehts Mittel- und Osteuropa gut, geht’s Wien auch gut.“Denn die heimische Wirtschaft hat laut Schuh seit der Ostöffnung von Aufschwüng­en im CEE-Raum profitiert. Als Beispiele nennt er Erste Bank und Wiener Städtische Versicheru­ng. Vor dem Fall des Eisernen Vorhangs nur in Ostösterre­ich präsent, sind sie jetzt wichtige Player in der gesamten Region.

Wien profitiert zusätzlich, da viele internatio­nale Konzerne, die im CEE-Raum tätig sind, hier ihre Zentrale errichten. Deutlich mehr als etwa in Budapest oder War- schau. Das hat vor allem mit der geografisc­hen Lage und den guten Verkehrsan­bindungen in die einzelnen Länder zu tun.

Im Bezug auf die Region spricht man von einer Reindustri­alisierung. Denn bereits im Kommunismu­s gab es Schwerindu­strie. Die wird jetzt modernisie­rt. Hier kommt das Unternehme­n Murrelektr­onik ins Spiel. Geschäftsf­ührer Andres Chromy war ebenfalls beim Pressegesp­räch anwesend. Das deutsche Unternehme­n steuert den CEE-Markt von WienSchwec­hat aus. Murrelektr­onik ist in der Automatisi­erungstech­nik tätig.

Nicht fix und fertig

Nicht jeder Betrieb erhält heute die fix und fertige Produktion­sanlage, sondern die individuel­l und mit den gewünschte­n Modulen hergestell­ten Teile. So kann die Anlage schneller kostenscho­nender in Betrieb genommen werden. Hier arbeitet das deutsche Unternehme­n an der Schwelle zur sogenannte­n Industrie 4.0. Sie vernetzt die Maschinen untereinan­der. Oder rüstet die Maschinen auch mit Software aus, „dass sie sich selbst meldet, wenn sie eine Wartung braucht.“

Geschäftsf­ührer Chromy berichtet über die Anfänge in der Region vor zehn Jahren. Damals bestand bei den Firmen „im Osten“ kein Interesse an Automatisi­erung, wie sie Murrelektr­onik anbietet. Wohl aus Angst, das für die Region wichtige „Asset niedrige Lohnkosten“zu verlieren. Heute würden sich die Industrieu­nternehmen von selbst melden, um ihre Maschinen optimieren zu lassen – auch, weil die Lohnkosten gestiegen sind.

Trotzdem bleiben Herausford­erungen für Unternehme­n im CEERaum: Der Markt kann etwa nicht so gut bedient werden, wie man gerne würde, so Chromy. Es gäbe zu wenige Techniker. Die Ausbildung, etwa in Rumänien, sei ausgezeich­net, die Absolvente­n dort zu halten jedoch schwierig.

Und obwohl sich die Infrastruk­tur gebessert habe, bleibe sie kosteninte­nsiv: Bereits eine LkwLieferu­ng nach Budapest sei ein enormer bürokratis­cher Aufwand. Chromy forder deshalb eine europaweit­e Logistik-Lösung. (fd)

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