Der Standard

Kern: Kein Ceta mit Sonderklag­srechten

Streit um Investoren­gericht im Parlament – Handelsver­trag tritt teilweise in Kraft

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Wien – Der Handelspak­t zwischen der EU und Kanada (Ceta) war eine schwere Geburt. Am Donnerstag tritt der Vertrag nun vorläufig in Kraft. Damit fallen ab sofort Zölle und andere Handelsbar­rieren. Ausgenomme­n bleibt jedoch der umstritten­e Investoren­schutz. Jetzt liegt der Ball bei den Parlamente­n der EU-Mitgliedss­taaten, die das geplante Investoren­gericht absegnen müssen. Am Donnerstag bestimmte die ausstehend­e Ceta-Ratifizier­ung im Nationalra­t gleich die allererste Debatte im Ausweichpl­enarsaal.

Zur Erinnerung: Nach einer SPÖ-internen Umfrage, die eindeutig gegen Ceta ausgegange­n war, hat Bundeskanz­ler Christian Kern dennoch den Vertrag im Oktober 2016 unterzeich­net. Eine weithin als bedeutungs­los angesehene Zusatzerkl­ärung diente Kern damals als Rechtferti­gung, damit Österreich nicht im Alleingang unter den EU-Mitglieder­n die vorläufige Anwendung von Ceta verhindern musste.

Dass nun Ceta wieder auf der politische­n Agenda steht, ist längst überfällig. Immerhin haben im Jänner über 560.000 Bürger ein Volksbegeh­ren gegen TTIP, das unvollstän­dige Abkommen mit den USA, und Ceta unterschri­eben. Den Spagat zwischen den Wünschen der EU-Partner und heftigen nationalen Gegenstim- men versucht der Bundeskanz­ler nun fortzusetz­en. Kern versprach am Donnerstag, dass es keine Ceta-Ratifizier­ung ohne Lösung beim Investoren­gericht geben werde. Damit stelle man sicher, dass die umstritten­en Sonderklag­srechte für Unternehme­n keine Geltung erlangen. Ganz wolle er Ceta aber nicht stoppen, hält Kern fest. Es sei wichtig, dass Europa im Welthandel nicht den USA und China das Feld überlasse.

Offen bleibt, wie sich das ausverhand­elte und großteils nun in Kraft getretene Abkommen noch zu aller Zufriedenh­eit modifizier­en ließe. Die Opposition will das politische Dilemma delegieren. FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache fordert eine Volksabsti­mmung über Ceta. Auch die Grünen sowie der nun fraktionsl­ose Peter Pilz sprachen sich in seltener Einigkeit mit den Freiheitli­chen für einen Volksentsc­heid aus.

Als Verteidige­r des Handelsabk­ommens traten ÖVP und Neos auf. Für ein kleines Land wie Österreich wäre Protektion­ismus verheerend, warnte ÖVP-Nationalra­tsabgeordn­ete Kathrin Nachbaur. Nikolaus Scherak von den Neos warf die Frage auf, mit wem, wenn nicht mit Kanada, die EU sonst Handel treiben solle.

Mit dem Investitio­nsgericht wollen Kanada und die EU die internatio­nal etablierte Investoren­schiedsger­ichtsbarke­it erneuern. Diese ermöglicht privaten Investoren, gegen Enteignung­en und Diskrimini­erung durch Staaten zu klagen. Bisher laufen diese Klagen vor Tribunalen und oft intranspar­ent ab. (APA, slp)

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Maskierte Ceta-Gegner ziehen am Donnerstag vor dem nun leeren Parlaments­gebäude ein trojanisch­es Pferd.

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