Der Standard

Skandalchr­onik mit Reformreze­ptur

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Skandale gab es nicht zu wenige in den letzten Jahren. Grund genug für den Investigat­ivjournali­sten Ashwien Sankholkar, zurückzubl­icken und die die Lehren aus den Telekom-, Hypo-, Buwog- und anderen Lehren zu ziehen. Denn: So unterschie­dlich, so verzweigt, so verworren die mutmaßlich­en Gaunereien auch sein mögen – Gemeinsamk­eiten gibt es quasi immer. Und die heißt: Politik. Einmal sind es direkte Geldflüsse, dann Packeleien, Postenscha­cher oder einfach nur Unvermögen.

Gut, dass Sankholkar Skandale in Der geplündert­e Staat und seine Profiteure nicht nur anhand von Anklagen und Schuldsprü­chen aufrollt, sondern auch viele Einstellun­gen hinterfrag­t, die in den diversen Causen verfügt wurden. So steht neuerlich ein großer Telekompro­zess bevor, bei dem sich weder ein Politiker noch einer der großen Profiteure bei der Ostexpansi­on des teilstaatl­ichen Konzerns verantwort­en muss. Im Buch werden die bemerkensw­erten Akquisitio­nen der Telekom und die Milliarden­flüsse an Verkäufer nachgezeic­hnet, bei denen regelmäßig Martin Schlaff auftauchte. Der Konzern musste dann beispielsw­eise in Weißrussla­nd hohe Abschreibu­ngen auf das Investment vornehmen. Strafrecht­lich relevant war das alles nicht. „Es gäbe noch viel zu ermitteln, doch die Justiz setzt offensicht­lich andere Schwerpunk­te“, heißt es in dem Buch. Ein ähnliches Bild zeichnet Sankholkar in der Inseratena­ffäre, in der Werner Faymann eine Anklage erspart blieb. „Die Idee der freien Beweiswürd­igung durch das Gericht, die auch die Glaubwürdi­gkeit von Angeklagte­n und Zeugen umfasst, wurde geflissent­lich ignoriert.“Somit hätten Politiker und Parteisold­aten „nicht viel zu befürchten“, meint der Autor etwas pauschal, „Wirtschaft­skriminell­e lachen sich ins Fäustchen“. Umso aufschluss­reicher sind die Lösungsans­ätze am Ende des Buchs. Zwei von vielen Beispielen: Der Rechnungsh­of soll aufgewerte­t werden, indem dieser auch Strafen gegen zweifelhaf­te Amtsträger fordern kann. Oder: Eine Justizpoli­zei sollte direkt der Staatsanwa­ltschaft unterstell­t werden. Ashwien Sankholkar, „Der geplündert­e Staat und seine Profiteure“. € 22,– / 240 Seiten. Residenz-Verlag

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