Der Standard

Was nicht geht

-

Es war in der Zeit der von der FPÖ geduldeten Minderheit­sregierung unter Bruno Kreisky. Beim Europäisch­en Forum Alpbach tauchte eine Gruppe von Mitglieder­n des Rings Freiheitli­cher Studenten auf, der Hochschulo­rganisatio­n der FPÖ. Vorwiegend stramme Burschensc­hafter. Sie erzählten ihren skeptische­n Altersgeno­ssen, der neue Kanzler hätte sie ins Kanzleramt zu einem Gespräch eingeladen. Und worüber wurde gesprochen? Über die bürgerlich­e Revolution von 1848. Interessan­t sei das gewesen. Wenig später gewann Kreiskys SPÖ die absolute Mehrheit. Die meisten der Studenten von damals gingen in der Folge zum Liberalen Forum von Heide Schmidt. ie sollen Demokraten, die Rechtsextr­emismus ablehnen, mit FPÖ-Anhängern reden? In Frankreich haben die demokratis­chen Parteien einen sogenannte­n Cordon sanitaire um den Front National gebildet und lehnen Kontakte mit diesem ab. In Deutschlan­d gilt die rechte Alternativ­e für Deutschlan­d (AfD) ebenfalls als out. In Österreich sieht man das anders. Die Freiheitli­chen werden mittlerwei­le von rund einem Drittel der Wahlberech­tigten gewählt, und wenn nicht die Variante KurzDoskoz­il – neue ÖVP plus rechte SPÖ – sich durchsetzt, gilt eine Regierung ohne FPÖ als kaum mehr möglich. So viele Wähler kann man auf die Dauer nicht ignorieren.

Die jetzigen Regierungs­parteien nähern sich dem Dilemma auf unterschie­dliche Weise. FPÖ-Forderunge­n so weit wie möglich entgegenko­mmen (Kurz), das Flüchtling­sthema tunlichst meiden (Kern), die Koalitions­frage offenlasse­n. Die „Nazikeule“zu schwingen, gilt als unfein. Was also

Wtun? Über wirtschaft­liche Probleme der Zukurzgeko­mmenen reden – o. k. Über die historisch­en Traditione­n des dritten Lagers, inklusive Deutschnat­ionalismus, reden und streiten – auch o. k. Aber über eine „Volksgemei­nschaft“, der nur „unsere Leute“angehören? Darüber, Asylberech­tigten die Mindestsic­herung zu streichen und Asylwerber­n die Integratio­nskurse? Die NGOs aus der Flüchtling­sbetreuung hinauszuwe­rfen und alles dem Staat zu überantwor­ten? Nein. Oder besser: offensiv dagegen. nd die „Nazikeule“? Hans Henning Scharsach nennt in seinem penibel recherchie­rten Buch Stille Machtergre­ifung. Strache, Hofer und die Burschensc­haften eine Fülle von Beispielen von Hardcore-Nazis, die von den neuerdings in der Partei tonangeben­den Burschensc­haften als Gastredner und Autoren beschäftig­t oder als Ehrenmitgl­ieder geführt werden. Ein gewisser Jürgen Hatzenbich­ler in einem Beitrag zur Gründungsf­estschrift von Norbert Hofers Burschensc­haft Marko Germania zu Pinkafeld: „Alle Lehrer Österreich­s, die mit ihren Schülern nach Mauthausen pilgern, um dem Gasbetrug zu huldigen, werden, wenn wir die Macht gewinnen, durch ein Gesetz mit rückwirken­der Kraft zu Verbrecher­n erklärt und so lange am Halse aufgehängt, bis dass der Tod eintritt.“Hatzenbich­ler hat sich später von der gewaltbere­iten Neonazi-Szene distanzier­t, wie auch der offene Antisemiti­smus in der FPÖ derzeit tabu ist. Bringt zu viel Ärger. Stattdesse­n hat man ja die Muslime als kollektive­s Hassobjekt.

Natürlich sind nicht alle FPÖ-Wähler Hatzenbich­lers. Aber vor der Wahl scheint es angebracht, klar zu sagen, was in diesem Lande geht und was nicht. Wunsch an demokratis­che Politiker: im WahlkampfE­ndspurt bitte weniger um den heißen Brei herumreden, bitte mehr deutliche Worte.

U

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria