Der Standard

Aus der Schublade von Kurz

- Conrad Seidl

Sebastian Kurz wäre ein schlechter Politiker, hätte er sich nicht jahrelang darauf vorbereite­t, die alte Volksparte­i zur neuen Volksparte­i umzukrempe­ln und den Kanzlerans­pruch zu stellen. Wie die nun in die Öffentlich­keit gelangten Papiere belegen, hat er diese Hausaufgab­en aber recht gründlich gemacht. Reinhold Mitterlehn­er war offenbar schon lange klar, dass er dem halb so alten Parteifreu­nd zu gegebener Zeit den Spitzenpla­tz überlassen würde müssen. Aber er wollte gerne selber aussuchen, wann dieser Zeitpunkt sein sollte. Hat er im Mai dann gemacht.

Für Kurz kein Problem, der hatte ja seinen Plan, wie er die Partei übernehmen wollte, schon in der Schreibtis­chschublad­e. Also wurde vieles von dem umgesetzt, was man jetzt wiedererke­nnt, wenn man die (sichtlich unfertigen) Konzeptent­würfe betrachtet. Zum Zeitpunkt, als diese erstellt wurden, hätten Kurz und seine Unterstütz­er gerne noch ein paar andere Kandidaten auf der Liste gesehen. Der eine oder andere Einflüster­er und Mitautor der Dokumente hätte auch noch andere Inhalte mitverpack­en wollen.

Dass man das alles so offen nachlesen kann, ist ein schönes Geschenk an künftige Zeitgeschi­chtler, die ein weiteres Kapitel der ÖVP-Geschichte schreiben werden. Ob, wie jetzt diskutiert wird, die Kurz-Freunde ihre Beiträge in der Freizeit verfasst oder ihrem damaligen Arbeitgebe­r Überstunde­n verrechnet haben (was bisher nicht belegt ist), wird in diesem Kapitel allenfalls eine Fußnote bleiben.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria