Der Standard

Emotionale Niederlage

- Andreas Schnauder

Mit Europas Stahlindus­trie geht es bergab. Nachdem der indische Weltmarktf­ührer Mittal schon 2006 Europas Nummer eins Arcelor geschluckt hat, wird nun Thyssenkru­pp zerlegt. Und wieder tritt mit Tata ein indischer Konzern als neuer Partner auf, der das Stahlgesch­äft der Deutschen mit den eigenen Aktivitäte­n zusammensp­annt. Rein wirtschaft­lich gesehen hat der Zusammensc­hluss Charme.

In Europa und auch weltweit machen der Branche Überkapazi­täten zu schaffen, die nur über Allianzen und Stilllegun­gen abzubauen sind. Für Thyssenkru­pp, selbst aus einer Fusion hervorgega­ngen und der Rest der einst so dominanten Produktion im Ruhrgebiet, ist die von der Fusion betroffene Stahlherst­ellung nur noch ein Minderheit­enprogramm. Aufzüge, Industriea­nlagen und Komponente­nherstellu­ng sind heute annähernd so groß wie der Stammberei­ch. Und: Während die Deutschen auf die Autoherste­ller fokussiere­n, forciert Tata andere Industrieb­ereiche.

Die Strategie der Stahlköche entspricht trotzdem nicht jedermanns Geschmack. Konzerne wie die Voestalpin­e zeigen, dass man dem Preisdruck mit Qualität und Innovation begegnen kann. Und hätten sich die Deutschen nicht in Brasilien und den USA vergaloppi­ert – die gescheiter­te Expansion kostete acht Milliarden –, hätte Deutschlan­d auch künftig die Hand auf einer Schlüsseli­ndustrie. Die Allianz ist somit nicht nur eine emotionale Niederlage für Berlin.

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