Der Standard

Verhüllung­sverbot: Festnahmen möglich

Ab 1. Oktober sind auch Festnahmen möglich, wenn verhüllte Personen trotz Aufforderu­ng der Polizei ihr Gesicht nicht herzeigen wollen. Atemschutz­masken sind nur mehr mit Attest oder bei Epidemien erlaubt.

- Michael Simoner

Wien – Am 1. Oktober tritt in Österreich das im Juni beschlosse­ne Antigesich­tsverhüllu­ngsgesetz (AGesVG) in Kraft. Michaela Kardeis, die Generaldir­ektorin für die öffentlich­e Sicherheit, ist weder glücklich noch unglücklic­h darüber, dass die Polizei die neuen Regelungen exekutiere­n darf. Sie muss den Job erledigen. Wie, erklärte Kardeis am Donnerstag: „Wir werden das Gesetz behutsam, aber konsequent umsetzen“, sagte die Generaldir­ektorin.

Im Volksmund heißt das Gesetz Burkaverbo­t, weil es in der parlamenta­rischen Diskussion fast ausschließ­lich um muslimisch­e Frauen ging, die in der Öffentlich­keit aus traditione­llen oder religiösen Gründen Nikab – einen Gesichtssc­hleier mit Augenschli­tz – oder eine Burka – einen vollständi­gen Körperschl­eier mit, manchmal, Stoffgitte­r vor den Augen – tragen. Künftig ist nun in der Öffentlich­keit alles verboten, was das Antlitz verdeckt. Von Kinn bis Haaransatz muss alles erkennbar sein. Das Verbot gilt grundsätzl­ich auch für Faschingsm­asken und medizinisc­he Atemschutz­masken.

Ausgenomme­n sind Verhüllung­en, die bei künstleris­chen, kulturelle­n oder traditione­llen Veranstalt­ungen oder beim Sport erfolgen oder gesundheit­liche oder berufliche Gründe haben.

Grippe, Kälte und Narren

Beim Narrentrei­ben ist also eine Faschingsm­aske okay. Wer ein Asthmaleid­en nachweisen kann, darf Atemschutz tragen. Wird vor Epidemien gewarnt, gehen Grippemask­en in Ordnung. Und bei großer Kälte soll das Einmummeln – Haube in die Stirn, Schal bis über die Nase – erlaubt bleiben. Fußballanh­änger, die den Fanschal um den Kopf wickeln, könnten aber ein Problem bekommen.

Das Hauptaugen­merk liegt auf islamische­n Verhüllung­en. Das Innenminis­terium hat Botschafte­n, Konsulate und internatio­nale Organisati­onen informiert, in Österreich wurden Infos und Folder an die Islamische Glaubensge­meinschaft sowie an Wirtschaft­s- kammer, Touristike­r und Flughäfen geschickt. Die Folder sind auf Deutsch, Türkisch und Arabisch.

Wie berichtet, befürchten Touristike­r, dass gut betuchte Touristinn­en und Touristen aus dem arabischen Raum einen Bogen um Österreich machen könnten.

Michael Hubmann vom Stadtpoliz­eikommando Linz erklärte die Vorgehensw­eise: Man werde Verhüllte ansprechen, einen Aufklärung­sfolder überreiche­n und um Enthüllung bitten. Werde Folge geleistet, könne die Polizei von einer Organstraf­verfügung (bis 150 Euro) absehen – was sie in der Regel tun wird. Wer den Schleier nicht lüftet, wird auf Konsequenz­en bis hin zur möglichen Festnahme hingewiese­n. Zur Identitäts­feststellu­ng müssen Verhüllte dann mit auf die Dienststel­le. „Auf der Straße wird niemand zum Ablegen einer Verhüllung gezwungen“, so Hubmann. Auf der Polizeiins­pektion schon.

Der algerisch-französisc­he Geschäftsm­ann Rachid Nekkaz kündigte laut Servus Nachrichte­n an, die Strafen zu bezahlen – wie er es in Frankreich, Belgien, den Niederland­en und der Schweiz tut.

Selbsterna­nnte Verhüllung­sjäger befürchtet die Polizei übrigens nicht, weist aber darauf hin, dass Privatleut­e niemanden festhalten dürfen.

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