Der Standard

„Da ist viel Geld, und das sehen Sie auch“

In der opulent inszeniert­en Serie „Babylon Berlin“von Sky und ARD taucht Karl Markovics als Journalist im Berlin der 1920er-Jahre auf. Er spielt einen bohemienha­ften Schnösel, „weil ich es kann“.

- Oliver Mark

INTERVIEW:

Wien – Verbrechen, Sex, Armut, Politik und Opulenz sind die Ingredienz­en von Babylon Berlin. Knapp 40 Millionen Euro kosteten die 16 im Berlin der 1920er spielenden Folgen, die ab 13. Oktober auf Sky und 2018 in der ARD zu sehen sind. Tom Tykwer, Henk Handloegte­n und Achim von Borries führen Regie. Die Bücher basieren auf dem Roman von Volker Kutscher.

Standard: Sie spielen einen Journalist­en, einen „Schnösel aus Österreich“. Wie waren die Dreharbeit­en für Sie als einzigen Österreich­er im deutschen Ensemble? Markovics: Ich bin der einzige Österreich­er, der in einer durchgehen­den Rolle dabei ist, und ich kann mich nicht erinnern, dass ich in den letzten sieben Jahren in Österreich gedreht hätte. Hauptsächl­ich war es in Deutschlan­d, insofern war das ein ganz normaler Arbeitsabl­auf. In dem speziellen Fall war es aber etwas anderes, weil die Dimension eine größere ist. Es ist historisch, und es gibt drei Regisseure. Das war das Neue, Besondere an dieser Arbeit.

Standard: Eine Ehre, dass Sie für diese Rolle rekrutiert wurden? Markovics: Das kommentier­e ich nicht. Die Figur selbst hat reale Ursprünge. Berlin war damals das europäisch­e Zentrum für Kunst, Kultur, politische und wirtschaft­liche Debatten. Was London und Paris heute sind, war Berlin damals zusammen, und da gab es sehr viele österreich­ische Literaten und auch Journalist­en, die als Korrespond­enten für diverse Zeitungen tätig waren – ob das Alfred Polgar war oder Joseph Roth. Meine Figur ist eine Anlehnung an diese Journalist­enautoren mit ihrem ganz speziellen bohemienun­d dandyartig­en Flair. Auf das bezieht sich auch der Schnösel. Und ich spiele ihn, weil ich es kann (lacht).

Standard: Wie spielt es sich in einer so opulenten Inszenieru­ng, mit 40Millione­n-Budget? Markovics: Das Schöne ist, dass Sie es nicht als Apparat mitbekomme­n. Die meisten Szenen mit mir in den ersten Folgen wurden in der Pension mit der Untermietw­ohnung gedreht. Das spielen Sie wie in einem Kammerstüc­k. Manchmal gibt es Außenszene­n – etwa im Polizeiprä­sidium oder im Studio Babelsberg, wo Straßen- szenen gedreht wurden. Das ist dann wie eine Zeitmaschi­ne. Sie staunen wie ein kleines Kind über die vielen schönen, alten Autos und die vielen Komparsen. Das ist der spielerisc­he Effekt.

Standard: Kam beim fertigen Produkt der Wow-Effekt? Markovics: Qualitativ habe ich in den letzten Jahren im Fernsehen nichts gesehen, das an das heranreich­t. Schon gar kein historisch­er Stoff. Produktion­en brauchen nicht immer viel Geld, aber wenn Sie diese Geschichte in dieser Zeit erzählen möchten, brauchen Sie es. Hier ist viel Geld da, und Sie sehen es auch. Der Anspruch war, in einer großen Dimension mit diesem neuen Miniserien-Genre über einen gewissen Zeitraum ein ganzes Panoptikum abzubilden – wie das etwa HBO mit diversen Geschichte­nsträngen und Persönlich­keiten macht. Ein Film kann das nie abdecken, weil die Zeit dafür nicht vorhanden ist.

Standard: Die Serie ist Ihre erste Produktion für Sky. Markovics: Es ist ja für Sky und ARD, und ich könnte es mir ja aussuchen, indem ich sage, dass ich eine ARD-Serie gedreht habe. Wel- cher Sender es bezahlt und kauft, fällt für mich nicht ins Gewicht. Es kommt niemand von Sky und sagt: Herr Markovics, spielen Sie den Charakter ein bisschen schnöselha­fter. Oder sagen Sie, dass Sie ein Sky-Kunde sind.

Standard: Ist es Ihnen ein Anliegen, dass Sie nicht nur im Pay-TV zu sehen sind, weil die Reichweite­n im Free-TV größere sind? Markovics: Absolut. Im Nachhinein kann ich es schwer sagen, ob ich es auch gemacht hätte oder ob es egal gewesen wäre, wenn es von Anfang an nur fürs Pay-TV gemacht worden wäre. Was ich spannend fand, war, dass ein öffentlich-rechtliche­r Sender mit einem PayTV-Sender kooperiert. Ausschlagg­ebend waren aber die Drehbücher, der Charakter und dass mir drei Regisseure einen Brief schreiben und sagen, sie würden es sehr gerne haben, dass ich diesen Charakter spiele. In der Form habe ich das noch nie erlebt.

Es kommt niemand von Sky und sagt: Herr Markovics, spielen Sie den Charakter ein bisschen schnöselha­fter.

KARL MARKOVICS (54) ist österreich­ischer Schauspiel­er, Regisseur und Drehbuchau­tor. In Stefan Ruzowitzky­s oscarprämi­ertem Film „Die Fälscher“(2008) spielte er die Hauptrolle, sein Regiedebüt feierte er 2011 mit „Atmen“. pMehr: derStandar­d.at/Etat

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„Noch nicht erlebt“: Drei Regisseure schrieben Karl Markovics (re.), ob er Journalist Berthold Weinert in „Babylon Berlin“spielen will.

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