Alter Nationalrat, neue Allianzen
Drei Tage vor der Wahl tagt der alte Nationalrat noch einmal. Der Wirtschaftsflügel der ÖVP hat noch einmal gegen die Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten mobilisiert – aber wohl vergeblich.
Auch die allerletzte Nationalratssitzung vor der Wahl wird von Nickligkeiten zwischen SPÖ und ÖVP begleitet. Die Roten machten am Mittwoch einen Abänderungsvorschlag des Noch-Koalitionspartners zur Pensionsanpassung öffentlich, laut dem auch Spitzenpensionisten über 4980 Euro ab 1. Jänner eine Erhöhung um 53 Euro bekommen hätten.
Zusatz des SPÖ-Klubs: Selbstverständlich komme eine solche Anpassung hoher Pensionen nicht infrage. Neos-Sozialsprecher Gerald Loacker stellte der ÖVP gar die Frage: „Seids es angrennt?“Bei den Schwarz-Türkisen zeigte man sich daraufhin um Schadensbegrenzung bemüht. Das Papier sei vor zehn Tagen nur kurz Thema gewesen, mittlerweile aber „längst ad acta“gelegt, hieß es. Selbstverständlich stehe man zur vereinbarten Pensionsanpassung, die bei Ruhebezügen bis 1500 Euro 2,2 Prozent ausmacht und danach abschmilzt.
Die Pensionsgeschichte zeigt jedenfalls, dass die ÖVP derzeit nicht allererster Ansprechpartner für die SPÖ ist. Wie berichtet, darf die Partei von Bundeskanzler Christian Kern, der am Donnerstag noch eine Erklärung im Parlament abgeben wird, bei mehreren Themen auf eine rot-blau-grüne Mehrheit hoffen.
Noch intensiv verhandelt wurde am Mittwoch über die angestrebte Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten. Es geht dabei vor allem um die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sowie um die derzeit noch unterschiedlichen Kündigungsbestimmungen. Der SPÖ-Antrag sieht eine einheitliche Kündigungsfrist von sechs Wochen vor. Davon würden vor allem Arbeiter massiv profitieren, die derzeit je nach Kollektivvertrag weniger als 14 Tage haben.
Auf ÖVP-Seite gibt es aber massiven Widerstand der Wirtschafts- kammer. Alle WKO-Bundesspartenobleute rückten am Mittwoch aus, um vor einem „Huschpfusch“-Gesetz zu warnen. „Unser Weg geht über die Kollektivverträge“, sagte Kammer-Präsident Christoph Leitl. Vor allem der Tourismus sorgt sich, dass „jede Flexibilität verlorengeht“.
ÖVP will Begutachtung
Die Zustimmung der ÖVP dürfte es daher nicht geben, wie es im Klub hieß. Zwar hat auch Parteichef Sebastian Kurz die Gleichstellung von Arbeitern und Ange- stellten im Wahlprogramm, die Schwarz-Türkisen fordern aber eine öffentliche Begutachtung und die Einbindung der Sozialpartner.
Die SPÖ beeindruckt das aber wenig und darf dabei auf FPÖ und Grüne hoffen. Der endgültige Sanktus der Freiheitlichen fehlte am Mittwoch allerdings noch. Um Bedenken der Blauen vor einer kurzfristigen Belastung der Betriebe auszuräumen, war im Gespräch, die Angleichung der Kündigungsfristen zwar jetzt zu beschließen, aber erst in drei Jahren in Kraft treten zu lassen.
Schon am Dienstag war die SPÖ mit der Opposition mehr oder weniger handelseins beim Thema Bankomatgebühr. Banken dürfen nur dann Gebühren verlangen, wenn die Kunden auch die Möglichkeit haben, ein Alternativangebot mit einer Kostenpauschale zu wählen. Fix scheint auch die Abschaffung der Mietvertragsgebühr sowie eine Reform der Notstandshilfe (das Partnereinkommen soll bei der Berechnung nicht mehr berücksichtigt werden).
SPÖ-Pilz-Allianz
Öffentlich thematisiert wurde von der SPÖ auch noch einmal der Unterhaltsvorschuss. Gesundheitsministerin Pamela RendiWagner und Peter Pilz präsentierten gemeinsam einen dringlichen Antrag, der im Parlament eingebracht wird. Der Hintergrund: Vor gut zwei Wochen haben sich auf Puls 4 alle Parteichefs dafür ausgesprochen, dass der Staat einspringen soll, wenn Alleinerzieher – in aller Regel sind es Frauen – den Unterhalt vom Partner nicht bekommen.
Der SPÖ-Pilz-Antrag sieht einen Unterhaltszuschuss zur Familienbeihilfe vor, der ausbezahlt werden soll, wenn Alleinerzieher mit ihrem Kind in Österreich im selben Haushalt leben. Eine Mehrheit dafür gibt es freilich nicht. Die ÖVP möchte die Unterhaltsregeln an die Mindestsicherung knüpfen, die FPÖ plädiert überhaupt dafür, den Unterhaltszuschuss nur an Inländer auszubezahlen, was von Experten als gleichheitswidrig betrachtet wird.
Die Folgen eines dringlichen Antrags sind allerdings ohnehin von überschaubarer Bedeutung. Mit diesem Instrument können Abgeordnete einen Wunsch an die Regierung herantragen. Eine Bindung für eine künftige Koalition gibt es nicht.