ÖBB-Fracht unter Druck
Bahngütergeschäft bleibt hinter Erwartungen
Wien – Nach Pannen bei der Zugabfertigung an der Grenze profitiert der ÖBB-Güterverkehr auch vom Wirtschaftsaufschwung nicht im erhofften Ausmaß. Laut Geschäftszahlen von Jänner bis August stieg der Umsatz zwar, aber deutlich weniger als in den Unternehmensplanungen prognostiziert. Zusammen mit erodierenden Margen aufgrund des Wettbewerbsdrucks blieb das operative Ergebnis mit 28 Millionen Euro um ein Viertel hinter dem ÖBB-Fünfjahresplan. Besonders unter Druck ist das Österreich-Geschäft, dort droht ein Minus von 15 Millionen Euro.
Die ÖBB räumt „etwas zu optimistische Planungen“ein, im letzten Trimester bestehe noch die Chance, aufzuholen. Ein Ergebnis vor Zinsen und Steuern von 55 bis 60 Millionen Euro sei immer noch möglich. (red)
Wien – Der ÖBB-Güterverkehr konnte vom Aufschwung der Industriekonjunktur bis dato nicht wirklich profitieren. Zumindest in den Geschäftszahlen schlagen sich die verstärkte Nachfrage nach Rohstoffen und die gute Auftragslage der Produktionsbetriebe bis dato nicht nieder. Bis Ende August verzeichnete die ÖBB-Güterbahn Rail Cargo Austria (RCA) mit Umsatzerlösen in Höhe von 1,45 Milliarden Euro wohl ein Plus von 7,5 Prozent, sie liegt damit allerdings deutlich hinter ihren eigenen Erwartungen, zumal das Vorjahr bei Umsatz und Ergebnis noch zu den schwächeren Jahren nach der Krise zählte. Deutlich angezogen haben die Produktionswerte der Industrie erst 2017.
Der Fünfjahresplan der ÖBB, der alljährlich an die wirtschaftlichen Gegebenheiten angepasst wird und großteils auf Mehrjahresverträgen mit großen Kunden wie Voestalpine oder Autozulieferern basiert, sah mit 1,51 Milliarden Euro Umsatz um 4,2 Prozent höhere Einnahmen vor. Ähnlich das Bild beim operativen Ergebnis (Ebit) nach acht Monaten: Es übersteigt den Vorjahreswert mit 28,04 Millionen Euro zwar um 16,2 Mio. Euro oder 137 Prozent, bleibt laut der dem STANDARD vorliegenden Gewinn- und Verlustrechnung (IFRS) allerdings um 28,2 Prozent hinter Plan. Das für das Gesamtjahr eingestellte Ebit von knapp 62 Millionen Euro scheint damit unerreichbar, denn selbst der zweite RCA-interne Forecast sieht nur mehr ein Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen von 51,2 Millionen Euro vor, also 15 Prozent hinter Vorjahreswert.
In der ÖBB räumt man „etwas zu optimistische Planungen“ein. Mengenmäßig laufe es allerdings gut, wird betont, ohne detaillierte Zahlen zum aktuellen Transportvolumen zu nennen. Als Grund wird „ein höheres Störgeschehen“in Deutschland, Italien und Ungarn genannt, das Beförderungszeiten verlängere und so die Transportqualität beeinträchtige. Immerhin gebe es keinen Rückstau mehr, heißt es in Anspielung auf das Debakel in Juni und Juli an Österreichs Ostgrenzen, wo an die hundert Güterzüge aufgrund von Ressourcenengpässen tagelang nicht abgefertigt werden konnten – der STANDARD berichtete.
Allen Widrigkeiten zum Trotz werde RCA auch heuer wieder ein Ebit in der Größenordnung von 55 bis 60 Millionen Euro einfahren und damit die profitabelste Güterbahn Europas sein, betont man seitens der ÖBB. Selbst Preiserhöhungen werden ins Auge gefasst. Um dieses ehrgeizige Ziel zu erreichen, müsste die RCA in den letzten drei Monaten des Jahres einen Turbo zünden. Das sei mit Rübenund anderen Agrartransporten möglich, die haben jetzt Hochsaison, heißt es. Generell sei das letzte Trimester das stärkste des Jahres, betont man in der Bahn.
Allerdings müsste auch der Margenverfall, den ÖBB-HoldingChef Andreas Matthä seit Monaten beklagt, zum Stillstand kommen. Er lässt die Erträge seit Jahren erodieren, ist insbesondere bei sogenannten Ganzzugtransporten, also Güterzügen mit einheitlicher Ladung, im Güterbahnsektor massiv. Marktpreismäßig sei die Situation sehr angespannt, räumt die ÖBB ein.
Ein Blick in die RCA-Zahlen, aufgeschlüsselt nach Konzerntöchtern, zeigt das Dilemma: Der Umsatz des in der RCA-AG gebündelten Österreich-Geschäfts war bis Ende August mit 676 Millionen Euro zwar um 9,5 Prozent höher als im Vorjahreszeitraum, im Ebit schlägt sich dies aber nicht nieder. Im Gegenteil, das operative Ergebnis ist von 9,2 auf 15 Millionen Euro noch tiefer ins Minus abgerutscht. Im Plan war eine rote Null vorgesehen, nach minus 9,2 Millionen Euro im Vorjahr. Man möge diese Zwischenbilanz nicht überbewerten, heißt es seitens der Bahn, darin seien Konsolidierungseffekte nicht enthalten.
Insgesamt ist der Gütertransport wieder stark im Steigen. Frei- lich in erster Linie auf Österreichs Straßen. Zahlen für 2017 gibt es noch nicht. Aber 2016, noch ohne Wirtschaftsaufschwung, erhöhte sich das von in- und ausländischen Schwerfahrzeugen erbrachte Transportaufkommen um 5,7 Prozent auf 488 Millionen Tonnen. Die Transportleistung im Inland stieg laut Statistik Austria um 3,1 Prozent auf 38,5 Milliarden Tonnenkilometer. Am stärksten stieg das Transportaufkommen im Inlandsverkehr (plus 7,2 Prozent auf 355,4 Mio. Tonnen), der grenzüberschreitende Empfang erhöhte sich um 3,1 Prozent auf 45,4 Mio. Tonnen, der grenzüberschreitende Versand um 2,9 Prozent auf 39,5 Mio. Tonnen. Den geringsten Zuwachs hatte der Transitverkehr (plus 0,7 Prozent auf 47,7 Mio. Tonnen).