Der Standard

Schiefe Optik

Für private Hilfsproje­kte nahm der grüne Wiener Gemeindera­t Christoph Chorherr hohe Spenden an – etwa von einer Aktiengese­llschaft, an der der Investor am Heumarkt, Michael Tojner, beteiligt war. Die FPÖ fordert den Rücktritt Chorherrs, dieser wehrt sich.

- Olga Kronsteine­r

Der grüne Wiener Gemeindera­t Christoph Chorherr nahm für private Hilfsproje­kte hohe Spenden von Heumarkt-Investoren an.

Wien – Die möglichen Verbindung­en zwischen dem privaten sozialen Engagement des grünen Wiener Gemeindera­ts Christoph Chorherr und seinen politische­n Funktionen sind schon länger bekannt. Nun jedoch gewinnen sie durch Informatio­nen über großzügige Spenden von Finanzinve­storen, Banken und Immobilien­firmen für sein karitative­s Projekt Ithuba an Brisanz.

Im Raum steht dabei auch der Verdacht, dass Chorherr als grüner Planungssp­recher und stell- vertretend­er Vorsitzend­er des Gemeindera­tsausschus­ses für Wohnen, Wohnbau und Stadterneu­erung womöglich auch Entscheidu­ngen über Projekte „seiner“Spender getroffen habe – unter anderem im Fall des umstritten­en Nobel-Bauprojekt­s von Investor Michael Tojner am Wiener Heumarkt. Chorherr bestreitet etwaige Zusammenhä­nge vehement.

Das Neuaufroll­en der Affäre begann vergangene Woche im Kurier. Dieser veröffentl­ichte Details zu den Spenden für Chorherrs 2004 gegründete­n Verein „s2arch_social and sustainabl­e ar- chitecture“, der seit 2008 in Südafrika das Entwicklun­gshilfspro­jekt Ithuba betreibt. Dessen wichtigste­r Unterstütz­er ist seit 2008 Investment­banker Wilhelm Hemetsberg­er, der Großspende­r wie René Benko (Signa Holding, 2011: 100.000 Euro) oder Steven Heinz (Lansdowne Partners, seit 2008; 2012: 300.000 Euro) mobilisier­te.

2008 erwarb Hemetsberg­er Michael Tojners Montana Capital Financial Service AG. Als „strategisc­hes Investment“habe Tojner einen Anteil von zehn Prozent behalten, heißt es in einer aktuellen Stellungna­hme Hemetsberg­ers. Bis zum Verkauf dieses Restanteil­s 2012 fungierte dieser auch als stellvertr­etender Aufsichtsr­atsvorsitz­ender. „Auf die Geschäftst­ätigkeit dieses Unternehme­ns“habe er „keinerlei Einfluss“gehabt – auch nicht auf die Umbenennun­g in Ithuba Capital AG im Jahr 2009.

Der Börse-Express berichtete damals über „eine jährliche Lizenzgebü­hr für den Namen“, um das Projekt in Südafrika künftig zu unterstütz­en. Laut Kurier handelte es sich seit 2008 um 954.000 Euro. Hemetsberg­er beziffert die Ausgaben in Südafrika auf jährlich rund 500.000 Euro. Woraus sich dieser Betrag zusammense­tzt, ist unbekannt. Auf Standard- Anfrage erklärt Chorherr, an einer Kostenaufs­tellung zu arbeiten.

Zu den Großspende­rn für seinen Verein gehören seit 2011 zudem die von Günther W. Havranek gegründete Steuerbera­tungskanzl­ei HFP sowie die Bank Austria, von der seit 2010 bis inklusive 2017 laut Chorherr „jährlich rund 100.000 Euro“kamen.

Geld erhielt s2arch_social and sustainabl­e architectu­re aber auch von der Stadt Wien – und Chorherr selbst stimmte über die Förderunge­n jahrelang mit ab. Von 2012 bis 2015 flossen jährlich 50.000 Euro. Laut der Wiener Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger soll sich Chorherr hier erst 2015 für befangen erklärt haben.

Sachverhal­tsdarstell­ung

Vergangene Woche brachte Anwalt Wolfgang List für die Initiative Denkmalsch­utz eine Sachverhal­tsdarstell­ung gegen Chorherr bei der Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft ein. Dabei geht es um hunderttau­sende Euro und den Verdacht der Einflussna­hme. Für Chorherr gilt die Unschuldsv­ermutung.

Indes wird der Ton in seinem politische­n Umfeld schärfer. Nationalra­tsabgeordn­eter Wolfgang Zinggl (Liste Pilz) fordert eine Offenlegun­g der Spenden. Wiens Vizebürger­meister Johann Gudenus (FPÖ) legt dem Stadtrechn­ungshof eine Prüfung nahe und verlangt, die Heumarkt-Widmung neu aufzurolle­n.

 ?? Foto: Robert Newald ?? Stimmte für Förderunge­n in eigener Sache: Chorherr.
Foto: Robert Newald Stimmte für Förderunge­n in eigener Sache: Chorherr.

Newspapers in German

Newspapers from Austria