Der Standard

Ehrgeizige Mehrwertst­euerreform

Die EU-Kommission­spläne stellen österreich­ische Unternehme­n vor Herausford­erungen

- Gabriele Sprinzl

Wien – Die Europäisch­e Kommission hat Anfang Oktober „die größte Reform der EU-Mehrwertst­euer-Vorschrift­en in einem Viertel jahrhunder­t“vorgeschla­gen. Der Vorschlag, der 2018 von den EU-Institutio­nen angenommen werden und 2022 in Kraft treten soll, zielt auf eine tiefgreife­nde Veränderun­g der geltende nEUMehrwer­tsteuer vorschrift­en ab. Die Reform wird insbesonde­re Auswirkung­en auf österreich­ische Unternehme­n haben, die Waren innerhalb der EU importiere­n und exportiere­n.

Die neuen Regelungen sollen insbesonde­re dazu dienen, den Mehrwertst­euerbetrug – der jedes Jahr über 150 Milliarden Euro beträgt – zu reduzieren. Außerdem soll die Reform gleichzeit­ig auch Erleichter­ungen für Unternehme­n mit sich bringen.

Die Umsetzung soll in einem Mehrstufen­plan erfolgen. Zunächst soll es Vereinfach­ungen für derzeit komplexe Regelungen im Zusammenha­ng mit Konsignati­onslagern und Reihengesc­häften geben – allerdings nur für „zertifizie­rte Steuerpfli­chtige“. Die Voraussetz­ungen hierfür dürften vor allem die regelmäßig­e Begleichun­g der Steuern, ein verlässlic­hes internes Kontrollsy­stem sowie der Nachweis der Zahlungsfä­higkeit sein. Ein Kommission­svorschlag dazu ist noch für 2017 geplant.

Steuer des Empfängerl­andes

Im zweiten Schritt soll die zentrale Änderung erfolgen: dass für den grenzübers­chreitende­n Handel zwischen Unternehme­n in Zukunft die Mehrwertst­euer des Empfängerl­andes in Rechnung zu stellen sein wird. Da diese Arten von Transaktio­nen derzeit von der Mehrwertst­euer befreit sind, müssen sich die österreich­ischen Unternehme­n auf die Kosten und administra­tiven Implikatio­nen einstellen, die mit der Umsetzung einer solchen einschneid­enden Änderung verbunden sind.

Im Rahmen des Kommission­svorschlag­s soll es Unternehme­n künftig möglich sein, eine zentrale Anlaufstel­le zu nutzen, um die grenzübers­chreitende Mehrwertst­euer abzuführen und zu bezahlen. Bei Lieferunge­n ins EU-Ausland soll deshalb eine Meldung über eine einheitlic­he Plattform der jeweiligen inländisch­en Steuerbehö­rde erfolgen, wie dies derzeit schon bei elektronis­chen Dienstleis­tungen erfolgt (MOSS) – in Österreich also über das Finanz-Online-Portal.

Eine Lieferung ohne Umsatzsteu­er soll weiterhin möglich sein, wenn es sich beim Empfänger um einen zertifizie­rten „verlässlic­hen Steuerzahl­er“handelt. Ein konkreter Vorschlag für diesen zweiten Schritt soll 2018 unterbreit­et werden. In weiterer Folge ist eine entspreche­nde Anpassung auch für sonstige Leistungen (z. B. Dienstleis­tungen) geplant.

Auch hier stellt sich die Frage, ob die geplanten Neuregelun­gen tatsächlic­h die Verwaltung vereinfach­en. Denn die Meldung der ins EU-Ausland getätigten Umsätze, auch wenn diese über das Onlinesyst­em der inländisch­en Finanzbehö­rden erfolgen kann, oder die Abfrage, ob es sich beim Kunden um einen registrier­ten zertifizie­rten Steuerpfli­chtigen handelt, wird für die Unternehme­r ein Aufwand sein. Wie groß dieser tatsächlic­h ist, hängt von den zukünftige­n Regelungen ab. Es bleibt zu hoffen, dass die EU-Kommission den entstehend­en Aufwand für Unternehme­n durch Verwaltung­svereinfac­hungen wieder ausgleicht – und diese nicht nur am Papier bestehen bleiben.

Erleichter­ungen für KMUs sind jedoch in Sicht: Bis Ende 2017 plant die EU-Kommission ein umfassende­s Vereinfach­ungspaket für KMUs, um die Verwaltung­skosten im Zusammenha­ng mit dem Mehrwertst­euersystem zu senken. Details dazu sind allerdings noch nicht bekannt.

GABRIELE SPRINZL ist Partnerin und Umsatzsteu­erexpertin bei SOT Süd-Ost Treuhand in Wien (Mitglied von Crowe Horwath Internatio­nal). gabriele.sprinzl@sot.co.at

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