Australier wollen Ehe für gleichgeschlechtliche Paare
Briefliche Befragung ergibt deutliches Ja – Die Gegner wollen den Kampf aber weiterführen
Australien hat am Mittwoch gleich zweimal Geschichte geschrieben: Nicht nur sprachen sich 61,6 Prozent für die Einführung der Ehe für homosexuelle Paare aus. Fast 80 Prozent der Stimmberechtigten oder 12,7 Millionen Menschen hatten sich an der Befragung beteiligt, obwohl die Teilnahme im Gegensatz zu Wahlen freiwillig war.
Kommentatoren werteten den Entscheid nicht nur als klares Votum für die Einführung der sogenannten Homoehe, sondern auch als Zeichen für das Bedürf- nis nach mehr direkter Mitsprache bei wichtigen Entscheiden. Premier Malcolm Turnbull sagte, die Menschen hätten „für Fairness gestimmt, für Engagement, für die Liebe“. Das Votum müsse vom Parlament respektiert werden. Die Regierung müsse nun „liefern“.
Noch vor Weihnachten solle ein entsprechender Gesetzesvorschlag verabschiedet werden. Ob dieser Vorsatz realisiert werden kann, ist offen. Eine Gruppe konservativer Politiker hat angekündigt, eine Gegenvorlage einzubringen oder den Vorschlag signifikant ändern zu wollen. Nur so könne „Religionsfreiheit“garan- tiert werden, meinte der federführende Senator James Paterson.
Mit dem Ja tritt eine lange Zeit tiefer Unstimmigkeit in der australischen Politik in eine neue Phase. Die Befragung war gar nicht notwendig gewesen – das Parlament hätte in eigener Regie abstimmen können. Die aufwendige Umfrage war noch von Ex-Premierminister Tony Abbott angeordnet worden. Kritiker meinten damals, der konservative Abbott – ein fundamentalistischer Katholik – habe im Vorfeld des Entscheids im Volk „Zwietracht“säen wollen. Das ist ihm und seinen Anhängern zum Teil gelungen.
Ein gut finanzierter Verbund aus konservativen Politikern und religiös motivierten Gegnern agierte mit zeitweise absurden Argumenten und Aggressivität. Befürworter klagten über verbale und vereinzelt tätliche Übergriffen. Einige Gegner hatten gleichgeschlechtliche Liebe als „pervertiert“bezeichnet und Homosexuelle mit Pädophilen verglichen.
Auch vonseiten der Befürworter gab es Entgleisungen. So wurde Abbotts Schwester Christine Foster attackiert, obwohl sie selbst lesbisch ist und sich für die Einführung der Homoehe engagiert hatte.