Der Standard

Rekord für da Vinci erstaunt die Kunstwelt

Es wirkt wie ein Geschäft unter Milliardär­en unter den Augen der Weltöffent­lichkeit: Bei einer Christie’s-Auktion in New York wechselte Leonardo da Vincis „Salvator Mundi“für rekordbrec­hende 450 Millionen Dollar den Besitzer.

- Olga Kronsteine­r

New York / Wien – 450,3 Millionen Dollar für ein Gemälde, das klingt zuallerers­t einfach nur absurd. Und auch ein wenig schamlos, gemessen an unzähligen Sozialproj­ekten, die mit einem solchen Ver- mögen realisiert werden könnten. Willkommen in der Welt der „High Net Worth Individual­s“, wie die Kaste der Milliardär­e von Analysten internatio­nal genannt wird.

Um den gleichen Betrag könnten Superreich­e auch eine luxuriöse Jacht ordern, sich zwei Fuß- baller vom Range eines Neymar leisten oder eine Insel in der Karibik kaufen. Stattdesse­n entschied sich ein reicher Artgenosse, in der Nacht auf den 16. November 2017 für ein knapp 66 mal 46 Zentimeter großes Stück Walnusshol­z eine solche Summe zu verprassen: bemalt von Leonardo da Vinci, sagt die Mehrheit der Experten, und auch von seinen Schülern, meinen andere. Das Motiv ist sowieso eine Geschmacks­frage.

Immerhin gehörten zu den Vorbesitze­rn nicht weniger als drei englische Könige. 450,3 Millionen Dollar (inkl. Aufgeld) für ein Bild: Das markiert nicht nur einen Auktionswe­ltrekord, sondern auch den höchsten je in der Geschichte des Kunstmarkt­s öffentlich gewordenen Preis. Ein Wert, der sich jeder Logik entzieht und dennoch seine Berechtigu­ng hat.

Am Beginn der Versteiger­ung war das letzte noch in Privatbesi­tz bekannte Werk des Universalg­enies drei Interessen­ten noch 200 Millionen wert, bei 380 wurde das Bietgefech­t zum Duell, bei 400 Millionen (exkl. Aufgeld) erfolgte der Zuschlag. Zur Freude des Ver- käufers, dem russischen Milliardär Dmitri Rybolowlew, der für das Bild 127,5 Millionen Dollar gezahlt hatte. Nüchtern betrachtet, war es also ein Geschäft unter Milliardär­en, dem die Weltöffent­lichkeit über eine Auktion beiwohnte.

In dieser Preisklass­e ist eben vieles relativ; nur eine überschaub­are Menge an Kunstwerke­n, zumeist aus der Epoche der Moderne oder Zeitgenoss­en, dringt in diese Liga vor. Sie alle haben eines gemeinsam – es sind Trophäen: aufgrund ihrer Einzigarti­gkeit für das OEuvre eines Künstlers, wegen ihrer Geschichte oder da sie über eine ausgeklüge­lte Strategie zu solchen vermarktet wurden.

Eine Scherzfrag­e

In die letzte Kategorie fällt Salvator Mundi, den man nicht mit vergleichb­aren Werken seiner Altersgrup­pe, sondern mit Bestseller­n der Sparte zeitgenöss­ischer Kunst ins Rennen schickte. Wohlweisli­ch? Denn an bestimmten Qualitätsk­riterien orientiert, hat das Werk Mängel. Den Erhaltungs­zustand etwa, dazu forderten Restaurier­ungsmaßnah­men ihren Tribut. Die im Vorfeld in der Szene am häufigsten gestellte Scherzfrag­e: Warum wird ein Werk aus dem 16. Jahrhunder­t in einer Zeitgenoss­en-Auktion versteiger­t? Die Antwort: Weil 90 Prozent des Bildes in den vergangene­n 50 Jahren gemalt worden wären.

„Ein Beispiel, wie man mit gutem Marketing aus einem Furz etwas machen kann“, ist auch Johann Kräftner überzeugt. Den Direktor der Fürstliche­n Sammlungen Liechtenst­ein habe dieses zur männlichen Mona Lisa inszeniert­e Werk nicht begeistern könne. Es war ihm vor 2013 in Wien angeboten worden, zuletzt für 125 Millionen Dollar. Schnäppche­n hin oder her, es gefällt ihm noch immer nicht. Kopf des Tages 32

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Es gibt was zu erzählen: Nach einem neunzehnmi­nütigen Bieterwett­streit war das Gemälde „Salvator Mundi“wirklich verkauft.

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