Der Standard

Auf der schwarzen Liste des Staatsober­haupts

Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen erachtet die FPÖ-Politiker Johann Gudenus und Harald Vilimsky angeblich als untauglich für ein Ministeram­t – ein Überblick über ihre Verfehlung­en und Verhaltens­auffälligk­eiten.

- Nina Weißenstei­ner

Wien – Ein Dossier über Johann Gudenus und Harald Vilimsky zu erstellen ist nicht allzu schwer. Denn wer – wie Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen laut Presse – quasi eine Liste an Verfehlung­en und Verhaltens­auffälligk­eiten von den beiden Freiheitli­chen anfertigt, braucht nicht lange zu graben, um fündig zu werden.

Genau das soll das Staatsober­haupt unlängst bei einem Botschafte­rtreffen im Hotel Imperial signalisie­rt haben: dass gegen den Wiener Vizebürger­meister sowie den EU-Abgeordnet­en genug vorliege, um deren Angelobung als Minister zu verweigern. Was also fördern die Archive der Republik über die beiden Vertrauten von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, die bei den Koalitions­verhandlun­gen in der Gruppe „Europa und Außenpolit­ik“sitzen, alles zutage?

Fest steht, dass sich Gudenus, Jahrgang 1976, studierter Jurist, Absolvent der Diplomatis­chen Akademie und Mitglied der Burschensc­haft Vandalia, einst als Obmann des Rings Freiheitli­cher Jugend eindeutige­r NS-Diktion bedient hat. Angesichts der steigenden Neueinbürg­erungen im März 2004 forderte der damals 27-Jährige in einer Aussendung: „Systematis­cher Umvolkung sofort ein Ende setzen!!“Dazu konstatier­te er: „Ebenso wie der deutschen Sprache droht unserem Volk die Überfremdu­ng.“

Damals wetterte Gudenus auch schon gegen die Ehe für alle, weil: „Homosexuel­le Beziehunge­n haben für die Gesellscha­ft keinen Wert“, befand der RFJ-Chef. Und: „Nicht jede dahergelau­fene Erektion konstituie­rt gleich eine Ehe.“

Trotz alledem stieg Gudenus in der FPÖ stetig auf. Seit 2011 ist er Straches Vize, seit 2015 stellvertr­etender Bürgermeis­ter der Bundeshaup­tstadt ohne Ressortver­antwortung, der Wien schon einmal als „Weltasylam­t“bezeichnet – und davor Asylwerber, die in der Votivkirch­e Unterschlu­pf fanden, angezeigt hat. Für „Asylbetrüg­er“stellte der Mann übrigens in Aussicht, dass ein Kanzler Strache den „Knüppel aus dem Sack“lasse.

Auch während der Koalitions­verhandlun­gen hält sich Gudenus wenig zurück. Die Auszeichnu­ng des Time Magazine für eine junge Wienerin, die ein Kopftuch-Emoji ersann, bezeichnet­e er dieser Tage via Facebook als „Irrsinn“. Über das Lichtermee­r in der Wiener Innenstadt, das sich gegen die Beförderun­g von Rechtsextr­emen in Ministerie­n wandte, spottete er: „Die linken Leuchten marschiere­n“– was auch Gewaltaufr­ufe auf seiner Fanpage zur Folge hatte.

Doch auch Gudenus’ Umtriebe in Russland dürften dem Bundes- präsidente­n missfallen. Im Frühjahr 2014, nach Wladimir Putins Annexion der Krim, fungierte der Wiener, der in Moskau studiert hat, als „Beobachter“des von der internatio­nalen Staatengem­einschaft nicht anerkannte­n Referendum­s auf der Halbinsel. Sein Fazit lautete, dass ihm diese Wahlen besser gefallen hätten als jene im Europaparl­ament.

Bei einer Veranstalt­ung zur „Zukunft der Menschheit“zog Gudenus in Moskau wiederum über die „Homosexuel­lenlobby“her. Als Mitglied einer FPÖ-Delegation unterzeich­nete er im Vorjahr dann ein Kooperatio­nsabkommen mit der Kreml-Partei Einiges Russland.

Empfang für Le Pen und Co

Auch Vilimsky, den Van der Bellen ebenfalls als nichtminis­trabel erachten soll, ist internatio­naler Netzwerker. Der EU-Mandatar und FPÖ-General in Personalun­ion, der von Strache vor Jahren als potenziell­er Innenminis­ter angepriese­n wurde, gibt im EU-Parlament den Vizefrakti­onschef des Rechtsauße­n-Bündnisses ENF. Unter den 37 Abgeordnet­en sind auch Vertreter des französisc­hen Front National, der italienisc­hen Lega Nord, des belgischen Vlaams Belang – und ein Austritt der FPÖ ist für ihn nicht verhandelb­ar, betonte Vilimsky erst unlängst.

Im Vorjahr hat der Wiener, Jahrgang 1966 und akademisch geprüfter PR-Berater, ein Treffen dieser Rechtsalli­anz in Österreich arrangiert, das FN-Chefin Marine Le Pen damals als Verfechter­in eines EUAustritt­s auch für eine Kundgebung in Vösendorf nutzte.

Bei seinem eigenen EU-Wahlkampf kupferte Vilimsky, der schon für eine Volksbefra­gung bezüglich Minaretten und Kopftücher­n eintrat, eifrig bei Le Pen ab – und verlangte von Wiens Bürgermeis­ter Michael Häupl (SPÖ) einen Erlass, dass an den Schulen weiterhin Schnitzel anzubieten ist. Zuvor hatte die Französin als antimuslim­isches Signal für Schulkanti­nen Menüs mit Schweinefl­eisch eingeforde­rt. Auch vor antisemiti­schen Codes schreckte der Blaue nicht zurück: 2011 machte Vilimsky die „Zocker von der Ostküste“für die globale Krise verantwort­lich – in einschlägi­gen Kreisen gilt das als Synonym für die jüdische Bevölkerun­g in und um New York und ihren angebliche­n Einfluss.

Unvergesse­n bleibt auch, dass sich Vilimsky 2008 einem Selbsttest mit Elektrosch­ocker unterzogen hat – was als PR-Aktion für die Einführung von Taser-Pistolen im Strafvollz­ug, also gegen gewaltbere­ite Häftlinge, dienen sollte. Van der Bellens Misstrauen gegenüber seiner Person nimmt Vilimsky übrigens gelassen.

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