Der Standard

Österreich­er setzen auf den Papst

In einer großen Studie ließ die Erzdiözese Salzburg den Ruf der römisch-katholisch­en Kirche in Bevölkerun­g und Medien überprüfen. Fazit: Die Österreich­er erwarten interne Reformen und mehr sozialpoli­tisches Engagement. Papst Franziskus ist das Vorbild.

- Thomas Neuhold

Salzburg – Für Prälat Balthasar Sieberer handelt es sich in erster Linie um ein „Hinhörproj­ekt“. Im Auftrag der Erzdiözese Salzburg hat ein Forscherte­am der Uni Salzburg aus dem Bereich Organisati­onskommuni­kation die Reputation der römisch-katholisch­en Kirche in Österreich erhoben.

Die Studie ist umfangreic­h: Befragt wurden mehr als 1000 repräsenta­tiv ausgewählt­e Österreich­er und zusätzlich rund 450 Pfarrgemei­nderäte aus Salzburg. Ergänzend haben die Wissenscha­fter rund 7000 Medienbeit­räge von 2004 bis Mitte 2017 ausgewerte­t. Das Ergebnis ist für den ehemaligen Dompfarrer Sieberer, der den diözesanen Zukunftspr­ozess in Salzburg leitet, nun Grundlage für die weitere Diskussion.

Das wohl Positivste aus Sicht der katholisch­en Kirche: Sie ist in Sachen Resonanz immer noch die dominante konfession­elle Institutio­n. Auf 100 Beiträge über die katholisch­e Kirche kommen nur zehn über die evangelisc­he. Und: Mit dem Amtsantrit­t von Papst Franziskus im Jahr 2013 hat sich trotz der nach dem ersten Hype sinkenden medialen Aufmerksam­keit die Meinung über die Kirche deutlich verbessert.

Die Fokussieru­ng auf den Papst berge ein Risiko, warnen die Kommunikat­ionsforsch­er – „beispielsw­eise im Falle einer Demission von Franziskus“.

Vor Franziskus sei rund um die 2010 bekannt gewordenen Missbrauch­sfälle der Ruf der Kirche im Keller gewesen, hält die Studie fest. Wobei – wenig verwunderl­ich – die schlechte Meinung über die Kirche mit der Zahl der Austritte nicht nur unmittelba­r zusammenhä­nge, sondern auch die Berichters­tattung über die Austritte weitere Menschen veranlasse, der Kirche den Rücken zu kehren. Auch andere Skandale wie etwa umstritten­e Aussagen des ehemaligen Salzburger Weihbischo­fs Andreas Laun werden in der Reputation­serhebung negativ abgebildet.

Die Untersuchu­ng dokumentie­rt auch das zunehmende Schwinden der Integratio­nskraft der Kirche im Alltag. Sie werde bestenfall­s noch über Feiertage oder seltene Ereignisse wie Taufe und Tod wahrgenomm­en: „Solange Verhaltens­regulierun­gen (Ver- bote) das Profil der katholisch­en Kirche bei den Menschen prägen und weniger die spirituell­en Glaubensin­halte (Angebote), wird sich die Bindung der Menschen an die Kirche weiter auflösen.“

Ohne Bischofsko­nferenz

Folgt man den Studienerg­ebnissen, dann müsse sich die Kirche in zwei Bereichen neu orientiere­n. Es bestehe „eine klare Erwartungs­haltung“, dass „die Kirche den Bedürftige­n eine Stimme gibt“. Franziskus sei hier ein RoleModel. Und es bestehe „bis weit in die Kreise der internen Bezugsgrup­pen“– gemeint sind die aktiven Laien – eine klare Erwartung in Bezug auf kirchliche Reformen. Eine Reformagen­da in den Bereichen Rolle der Frau, Haltung zu Homosexuel­len, Umgang mit Geschieden­en wäre profilbild­end.

Detail am Rande: Wie viel die Erzdiözese für die Studie ausgegeben hat, war bei der Präsentati­on am Donnerstag übrigens nicht zu erfahren. Nur so viel: Die Bischofsko­nferenz hat sich trotz Anfrage aus Salzburg erst gar nicht beteiligt.

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Der Dom ist das Herz der Erzdiözese Salzburg. Erstmals haben die Hausherren die Reputation der Institutio­n Kirche abfragen lassen.

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