Der Standard

Politische Signale und Allianz gegen Trump

Die Klimakonfe­renz steht kurz vor ihrem Abschluss. Regeln zum Vergleich von Klimaschut­zmaßnahmen wurden erstellt, Fragen zu Finanzen sind noch offen.

- Julia Schilly

Mein ganzes Leben war Chaos“, sagte der zwölfjähri­ge Timoci Naulusala von den Fidschi-Inseln vor den Delegierte­n der 23. Klimakonfe­renz (Cop 23) in Bonn Mitte dieser Woche. Eindrückli­ch schilderte er, welche Auswirkung­en der Klimawande­l bereits auf sein Leben hat, von Wirbelstür­men und Überflutun­gen. Er forderte die Länder auf, weniger an Profite zu denken. Eigentlich war die Cop 23 gar nicht dazu da, große Klimapolit­ik wie in Paris vor zwei Jahren zu machen.

Zwei Wochen lang ging es darum, ein Regelwerk zu erstellen, das „Paris Rulebook“, um die Anstrengun­gen der einzelnen Länder im Klimaschut­z vergleichb­arer und damit fairer zu machen. Auch bei der Finanzieru­ng von Klimaschut­zmaßnahmen hakte es bei den Verhandler­n am Donnerstag noch. Trotzdem waren bei dieser „Arbeits-Cop“, die noch am heutigen Freitag läuft, starke politische Botschafte­n dabei.

Druck entstand in Bonn etwa durch eine globale Allianz aus 25 Vertragspa­rtnern für einen Ausstieg aus der Kohle. Auch Österreich hat am Donnerstag seine Beteiligun­g zugesagt. An der Powering Past Coal Alliance sind unter anderem elf EU-Staaten, die Fidschi-Inseln, Mexiko, Kanada und der US-Bundesstaa­t Washington beteiligt. Die Unterzeich­ner verpflicht­en sich zu einem möglichst raschen Ausstieg aus der Kohle – ein konkreter Zeitpunkt wurde nicht genannt. Die Deklaratio­n weist aber darauf hin, dass zur Verwirklic­hung der Klimaziele die Kohlephase in der EU und der OECD im Jahr 2030 und weltweit 2050 enden muss. 2025 will der niederöste­rreichisch­e Energiever­sorger EVN das letzte Kohlekraft­werk in Dürnrohr abschalten.

Angela Merkels unverbindl­iche Rede am Mittwoch enttäuscht­e hingegen. Auch der deutsche Klimaforsc­her Mojib Latif übte im Gespräch mit dem STANDARD Kritik: „Bis 2030 sollen die Emissionen um 55 Prozent reduziert werden. Da muss Deutschlan­d erst einmal die eigenen Hausaufgab­en erledigen und ein paar Kohlekraft­werke abstellen.“

Trump gegen US-Wirtschaft

Und natürlich war US-Präsident Donald Trumps angekündig­ter Ausstieg aus dem Klimaabkom­men Thema. Denn die USWirtscha­ft und einige Bundesstaa­ten halten dagegen. Vergangene­s Jahr unterzeich­neten US-Konzerne bereits fast 40 Prozent der Verträge zum Bezug von Strom aus Windenergi­e. Besonders der Ölstaat Texas ist landesweit führend im Ausbau der Windenergi­e. „Ein riesiger Flächensta­at, dünn besiedelt: Das ist ideal für Windund Sonnenener­gie“, sagt Latif. Die Energiewen­de ist in den USA auch durch Trump nicht mehr zu stoppen: Das war eine zentrale Botschaft bei der Klimakonfe­renz.

Zwar beträgt der Anteil der erneuerbar­en Energie an der Stromerzeu­gung bislang nur rund 15 Prozent, doch noch 2008 stammten lediglich neun Prozent des Stroms in den USA aus erneuerbar­en Quellen. Zudem machten einige US-Initiative­n auf sich aufmerksam. Dazu gehört das Bündnis „We are still in“: Viele US-Bundesstaa­ten und Städte verspreche­n, in ihrem Bereich das Klimaschut­zabkommen weiter umzusetzen. Zahlenmäßi­g beherberge­n sie die Hälfte der US-Bevölkerun­g.

Mojib Latif plädiert aber dafür, sich nicht auszuruhen: „Man muss auch ganz klar sagen, dass das, was 2015 bereits auf den Tisch gelegt wurde, vorn und hin- ten nicht reicht, um die Klimaschut­zziele zu erreichen.“Damit ist die Begrenzung der globalen Erderwärmu­ng auf unter zwei Grad Celsius – noch besser auf unter 1,5 – gemeint. Und selbst diese nicht ausreichen­den Zusagen würden von den Ländern noch nicht umgesetzt.

Auch die österreich­ische Klimaforsc­herin Helga Kromp-Kolb hätte deutlicher­e Signale erwartet: „Die Emissionen weltweit bleiben nicht einmal konstant.“Nach drei Jahren Stillstand auf hohem Niveau steigt der weltweite Ausstoß von CO 2017 voraussich­tlich 2 wieder an, berichtete­n Experten in der Studie „Globales Kohlenstof­fbudget“diese Woche.

Landwirtsc­hafts- und Umweltmini­ster Andrä Rupprechte­r (ÖVP) ist seit Dienstag in Bonn, um am High-Level-Segment teilzunehm­en, bei dem sich Staatsund Regierungs­chefs, Minister und Beamte für die entscheide­nde Phase der Verhandlun­gen treffen. Den am Mittwoch von der deutschen Umweltschu­tzorganisa­tion Germanwatc­h publiziert­en Klimaindex, der Österreich nur auf Platz 35 von 57 Ländern reiht, könne er nicht ernst nehmen, sagte Rupprechte­r dem STANDARD: „Deutschlan­d liegt vor uns, aber in den Sondierung­sgespräche­n zur Jamaika-Koalition wird gerade die Verlängeru­ng der Kohleverst­romung diskutiert.“

„Nicht darauf ausruhen“

Dass Österreich keine Atomenergi­e produziert, bewertet Jan Burck von Germanwatc­h zwar als „sehr positiv“. Aber mehr als die Hälfte der Länder, die vor Österreich gereiht wurden, hätte gar keine Atomkraftw­erke, ergänzt er: „Darauf sollte sich Österreich nicht ausruhen. Da macht es sich der Umweltmini­ster zu einfach.“Im Moment betragen die Emissionen in Österreich circa sieben Tonnen CO pro Kopf und Jahr. 2 „Jedes Land muss laut Klimavertr­ag von Paris bis Mitte des Jahrhunder­ts auf null Emissionen runter. Da reicht es nicht, erst 2040 anzufangen“, sagt Burck.

Den Grund für einen Anstieg der CO -Emissionen in Österreich 2 verortet Rupprechte­r vor allem beim Verkehr: „Hier ist klar, dass wir mehr tun müssen.“

„Dem Klima ist es egal, ob der Treibhausg­asausstoß pro Kopf oder Bruttoinla­ndsprodukt gemessen wird. Es geht um die Gesamtmeng­e. Da haben wir in Österreich den gleichen Status seit 1990“, kritisiert Adam Pawloff von Greenpeace Österreich. Ihn stört, dass der österreich­ischen Politik die Bereitscha­ft fehle, Fehler einzugeste­hen: „So ein Ranking könnte zum Anlass genommen werden, die eigene Treibhausg­asbilanz genau zu evaluieren.“

Helga Kromp-Kolb will aber nicht nur den Umweltmini­ster in die Verantwort­ung nehmen, sondern betont etwa auch die Rolle der Finanz- und Energiemin­ister: „Es ist noch kein Verständni­s in Österreich vorhanden, dass Klimaschut­z eine ressortübe­rgreifende Aufgabe ist.“Es gehe zudem auch darum, dass Österreich globale Entwicklun­gen verschlafe, worunter die Wirtschaft leide. „Wir belächeln den amerikanis­chen Präsidente­n, aber der ist wenigstens ehrlich“, sagt sie.

Es aber auch positive Entwicklun­gen in Österreich: So entstehe mit der E-Mobilität im Güterverke­hr ein spannendes Projekt. Der Klima- und Energiefon­ds bewege viel mit seinen Modellregi­onen. „Klimaschut­z kann man so betreiben, dass die Bevölkerun­g mitgeht“, sagt sie.

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Trotz Klimavertr­ag von Paris wurden im vergangene­n Jahr schätzungs­weise 702,43 Milliarden Euro in fossile Brennstoff­e und Wirtschaft­sbereiche mit hohen Emissionen investiert.

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