Thomas Klestil, ein „Lump“
Einen Auftrag zur Regierungsbildung an die ÖVP gab es im Jahr 2000 nicht, dennoch hatte Wolfgang Schüs
sel, Dritter der Wahl, eine Koalition mit der FPÖ geschmiedet. Bundespräsident
Thomas Klestil musste die realpolitischen Machtverhältnisse akzeptieren und gelobte am 4. Februar 2000 die Regierung mit Schüssel als Bundeskanzler an.
Zuvor nötigte Klestil die Koalitionspartner zur Unterzeichnung einer Präambel zur Festschreibung demokratischer und europäischer Werte und lehnte zwei FPÖKandidaten ab: Thomas Prinz
horn und Hilmar Kabas. Sowohl die Unterzeichnung einer Präambel als auch die Ablehnung einzelner Kandidaten könnten dem aktuellen Bundespräsidenten Ale
xander Van der Bellen, damals Chef der Grünen, als Handlungsanleitung für den Umgang mit der Koalition zwischen ÖVP-Chef Sebastian Kurz und FPÖ-Chef Heinz
Christian Strache dienen. Prinzhorn, damals Zweiter Nationalratspräsident, war als Infrastrukturminister vorgesehen und wurde von Klestil wegen „verbaler Entgleisungen“abgelehnt. Prinzhorn hatte im Vorfeld der Regierungsbildung vor einer Einmischung gewarnt und gemeint, dem Bundespräsidenten drohe „eine blutige Nase“. Außerdem hatte Prinzhorn mit seiner Aussage über angeblich kostenfreie Hormonbehandlung für Ausländerinnen zur Steigerung ihrer Fruchtbarkeit für Aufregung gesorgt.
Hilmar Kabas, damals Chef der Wiener Freiheitlichen, war als Verteidigungsminister nominiert und wegen rassistischer Wahlplakate, auf denen ein „Stop der Überfremdung“gefordert wurde, bei Klestil in Ungnade gefallen. Kabas bezeichnete Klestil daraufhin als „Lump“, wandelte dies später aber in „Dump“oder „Hump“ab. (völ)