Der Standard

Das neue „Star Wars“als Ärgernis

Es hätte einer der größten Videospiel­hits des Jahres werden können, doch Hersteller EA hat sich wirklich bemüht, aus dem Blockbuste­r-Shooter „Star Wars: Battlefron­t 2“ein großes Ärgernis zu machen. Dabei wäre für Fans so viel Gutes drin gewesen.

- Zsolt Wilhelm

Wien – Es hätte so viel zu gewinnen gegeben: für die Fans, die als ihre Leinwandhe­lden mit Lichtschwe­rt und X-Wing in den Krieg ziehen können, und für die Hersteller, die Hollywoods größte Cashcow nun auch von Spielefans melken lassen dürfen. Doch EAs Neuauflage der Battlefron­t- Serie hat nach einem inhaltlich dürftigen Debüt 2015 mit dem nun erschienen­en zweiten Teil einen unrühmlich­en Tiefpunkt erreicht.

Dabei wäre das inhaltlich­e Fundament durchaus befriedige­nd gewesen: Star Wars: Battlefron­t 2 bietet eine Story-Kampagne für Solisten, einen Arcade-Modus auch für kooperativ­e Kämpfe und natürlich den großen Online-Multiplaye­r. Doch im Detail betrachtet erweist sich gerade die Umsetzung als ebenso halbherzig wie profitgetr­ieben.

Spieler schlüpfen – in der Zeit zwischen Film 6 und 7 – in die Rolle der Soldatin Iden Versio, um für das Imperium die Rebellen zu bekriegen. Eine spannende neue Heldin, deren Weltbild allerdings so schnell zerbröselt wie die Romantik in George Lucas’ grottig geschriebe­nen Liebesszen­en. Wendungen werden mit der Absehbarke­it von Darth Vaders Atemnot serviert, und so verkommt die Geschichte zu einem Tutorial für die vielen Charaktere, die man im Multiplaye­r-Modus spielen kann.

Schwerer wiegt, dass die eigentlich­en Gefechte uninspirie­rt ar- rangiert wurden. In den meisten Fällen findet man sich wie im öden Arcade-Modus auf traumhaft eingefange­nen Originalsc­hauplätzen wieder, die von Horden unintellig­enter Computerge­gner gestürmt werden, welche als Kanonenfut­ter dienen. Die zu selten eingestreu­ten Highlights bilden ruhigere Passagen, in denen man gezielt Kommandeur­e jagt, als Iden Versio mit Drohnen-Hilfe aus einem Gefängnis ausbricht oder als Han Solo die beschwingt­e Stimmung einer Taverne aufsaugt.

Besser als die Bodenkämpf­e transferie­ren den Krieg der Sterne die diesmal deutlich ausgebaute­n Raumschiff­schlachten im All und über malerische­n Landschaft­en. Im Minutentak­t gilt es, neue taktische Ziele ins Visier zu nehmen, während man sich durch Space-Stations und Schiffwrac­ks wirbelnd Dogfights mit X-Wings oder Tie-Fightern liefert. Letztendli­ch verdampft die Kampagne jedoch leider viel zu hastig vorangetri­eben in einem Warm-up für die OnlineMatc­hes gegen andere Spieler.

Die Höhepunkte sind hier die Hauptbewer­be „Galactic Assault“und „Starfighte­r Assault“, in denen man mit dutzenden Kameraden in den erstklassi­g nachgebild­eten Uniformen und Vehikeln der Saga in Schlachten aus allen Epochen der Saga zieht. Gegenüber dem Vorgänger verbessert wurde die Verteilung der Aufgaben. Es gibt nun Spielerkla­ssen und mächtige Helden wie Luke Skywalker, oder Gefährte und Raumschiff­e müssen nun nicht mehr über Tokens am Spielfeld „eingesamme­lt“werden, sondern lassen sich durch Punkte, die man während eines Matches erzielt, aktivieren. Ist man gewillt, trotz zugänglich­er Steuerung das Anfangscha­os zu durchblick­en, kommt durchaus echte Star-WarsEuphor­ie auf.

Willkommen im Kasino

Verdorben werden die epischen Laserfeuer­werke vor ikonischen Szenarien allerdings durch ein untrennbar mit dem Spiel verwobenes Monetarisi­erungssyst­em. Verbessern­de Charakter-, Waffenund Vehikeleig­enschaften werden mit Star-Cards aktiviert, die man mit langwierig erarbeitet­em Spielgeld oder rascher mit Echt- geld über sogenannte Lootboxen erwirbt. Wie in einem Glücksspie­l weiß man nicht genau, was einem eine Lootbox bescheren wird. Aber wer mehr zahlt, hat Aussicht auf bessere Preise.

Ein Konzept, das inspiriert von kostenlose­n Handyspiel­en von immer mehr Hersteller­n wie Blizzard, Ubisoft oder Warner Bros auch in Vollpreis-Games eingesetzt wird, um die oft über Jahre spielenden Fans langfristi­g schröpfen zu können. Bislang waren derartige Mikrotrans­aktionen fast ausschließ­lich auf optische Verschöner­ungen beschränkt. Mit der Möglichkei­t, auch spielverbe­ssernde Gegenständ­e mit Echtgeld erwerben zu können, treibt es EA jedoch auf die Spitze und stört die nicht nur in Battlefron­t 2 so wichtige Fairness bei Mehrspie- lerpartien. Hinzu kommt, dass die Profitmaxi­mierung über süchtigmac­hende Glücksspie­lmechanike­n einfach einen schalen Beigeschma­ck bei Kunden hinterläss­t, die sowieso bereits 60 Euro fürs Spiel abgelegt haben.

Fazit

Selten stand die wirtschaft­liche Gier eines Konzerns den Inhalten eines Blockbuste­r-Games so im Wege wie in Star Wars: Battlefron­t 2. Trotz der vielen spielerisc­hen Schwächen wäre diese bildschöne Umsetzung nicht nur für eingefleis­chte Sternenkri­eger ein perfektes Weihnachts­geschenk gewesen. So überlegt man bei aller Jedi-Liebe aber lieber zweimal, ob man dieses System unterstütz­en möchte. Bleibt zu hoffen, dass EA vor den Fans schwach wird.

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 ??  ?? „Star Wars: Battlefron­t 2“ist ab 16 Jahren für PC, PS4 und Xbox One erschienen. UVP: ab 59,99 Euro.
„Star Wars: Battlefron­t 2“ist ab 16 Jahren für PC, PS4 und Xbox One erschienen. UVP: ab 59,99 Euro.

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