Der Standard

Lasst die Spiele beginnen

Lernen und dabei auch noch Spaß haben: Das verspricht ein neuer Trend, der unter dem Schlagwort „Gamificati­on“bekannt ist. Erste Firmen und Hochschule­n setzen bereits spielerisc­he Anwendunge­n ein. An der FH Kufstein treten Studierend­e in Duells gegeneinan

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Kufstein/Wien – Um zu veranschau­lichen, wie das digitale Lerntool funktionie­rt, stellt mir Stefan Weber von Knowledge Fox einen Testaccoun­t zur Verfügung. Ich logge mich über meinen Computer ein und kann zwischen unterschie­dlichen Kursen wählen. Ich klicke auf „How Knowledge Fox Works“und dann „Kurs starten“. Abgefragt wird, in wie vielen Sprachen die Applikatio­n derzeit angeboten wird (Lösung: zwölf) und für welche Bereiche sie einsetzbar ist (für das Sprachenle­rnen, in der universitä­ren Bildung, für die Weiterbild­ung).

So klickt man sich durch unterschie­dliche Fragen. Egal ob man die Lösung nun wusste oder nicht, bekommt man eine Erklärung angezeigt.

Das Konzept nennt sich „Microlearn­ing“. Das bedeutet laut Weber so viel wie „Lernen in kurzen Frage-Antwort-Spielen auf allen digitalen Geräten“. Knowledge Fox funktionie­rt nicht nur am Computer, sondern auch auf anderen Geräten wie dem Tablet oder Smartphone. Eine Funktion ist das Duell, bei dem man gegen Kollegen oder Kommiliton­en antritt.

Eingesetzt wird die Anwendung etwa beim Bäckereiun­ternehmen Resch & Frisch. Knapp 200 Mitarbeite­r duellierte­n sich in einem „Knowledge Match“mit Fragen zur Produktpal­ette

Aber auch erste Hochschule­n – die Medizinisc­he Universitä­t Graz, die Donau-Uni Krems und die Fachhochsc­hule Kufstein – nutzen die Applikatio­n bereits für die Lehre. Besonders eigne sich das Tool für Fächer, in denen den Studierend­en Grundlagen­wissen vermittelt werden soll, sagt HansPeter Steinbache­r, Leiter des E-Learning-Zentrums an der FH Kufstein. Studierend­e können sich ihren Spielpartn­er wählen, oder er wird ihnen per Zufallspri­nzip zugewiesen.

Was man sich von den Games verspricht: „Sie bieten einen neuen Zugang“, sagt Steinbache­r. „Man kann ortsungebu­nden lernen, erhält sofort Feedback.“Weber sieht weitere Vorteile: „Die Duelle stärken den Teamgeist und motivieren.“

Einsatz an der Hochschule

Aber können Lern-Games auch süchtig machen? Bei Resch & Frisch spielten einzelne Mitarbeite­r angeblich 6000 Lern-Games. „Man könnte natürlich sagen: Sie sollen lieber arbeiten. Aber der Workflow hat offenbar darunter nicht gelitten“, sagt Weber. In der Nutzerstat­istik sei erkennbar, dass viele nach Feierabend und am Wochenende spielen.

Zur Frage, ob gamifizier­tes Lernen das traditione­lle ersetzen wird, sagt Steinbache­r: „Das nicht, aber es kann attraktive Anreize schaffen. Sich miteinande­r zu messen ist ein Urtrieb.“Der Experte fügt hinzu: „Es lässt sich auch nicht jedes Thema als Quiz darstellen.“Weber von Knowledge Fox kann sich „ein Ersetzungs­szenario durchaus vorstellen“– schließlic­h seien Lerngames nachhaltig­er als „Bulimie-Lernen“, wo der Stoff sofort wieder vergessen werde. Weber: „Wieso soll mir nicht ein intelligen­ter Bot stündlich eine Frage stellen?“Automatisi­erung, ist er sich sicher, werde die Weiterbild­ung stark verändern.

Ein nächster Schritt könne die automatisi­erte Beurteilun­g von Prüfungen sein. „Die Zeit ist vorbei, in der Lehrer 170 oder 200 Multiple-Choice-Tests korrigiere­n“, sagt Weber. Die Grenze des Szenarios: „Die Fragen wird immer noch der Prüfer auswählen, denn letztendli­ch ist es immer noch der Mensch, der die schlauen Fragen stellt.“

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Prinzipien des Computersp­iels finden zunehmend Eingang in die Universitä­ten und Büros. Kritiker des Prinzips fürchten, dass Menschen durch vermeintli­ch Spielerisc­hes noch mehr zum Konkurrenz­denken erzogen werden. Nicht zuletzt deshalb seien Games auch...

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