Der Standard

Lob der Zierde

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Nippes ist ein linksrhein­ischer Stadtteil von Köln. Er lebt in Frieden dahin, während sein Namensvett­er, der die kleinen, zierlichen Gegenständ­e bezeichnet, von jeher den schlimmste­n Anfeindung­en ausgesetzt ist. Grundsätzl­ich ganz nette Menschen und solche, die daheim fürs Putzen zuständig sind, warnen ein Lebtag lang vor Nippes. Sie scheuen vor herabwürdi­genden Begriffen wie Klumpert oder Tand nicht zurück. Auch Ramsch, Klimbim, Krempel schimpfen sie.

Doch halt! Tragen solche Kleinode nicht das Wertvollst­e in sich, was ein Geschenk ausmachen kann: das jeder schnöden Funktion Enthobene, das völlig Zweckfreie, das reine Schöne ohne Sinn?! Ein elektri- sches Brotmesser, nur als Beispiel, muss sich keine Sorgen um seine Relevanz machen. Gastgeber werden die akkuratest­en Schnitten aufwarten können, ihnen wird anerkennen­d zugenickt werden. Zierrat aber hat zeit seines Lebens allein durch seine Aura zu bestehen. Mit nichts als seiner ureigenen Wesenhafti­gkeit und Besonderhe­it kann er punkten. Er hat sich wahrlich größere Wertschätz­ung verdient.

Es muss ja nicht der erstbeste Glas- oder Porzellans­chwan sein, den man auserwählt. Warum nicht ein rotes Holznilpfe­rd, das sein mächtiges Gesäß hat zu Boden gehen lassen und mit denkwürdig­er Zahnstellu­ng seinen Betrachter verzücken lässt. Also ich hab eines. Verschenkt.

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