Der Standard

Unruhige politische Zeiten am Wörthersee

Der Kärntner Landeshaup­tmann Peter Kaiser liegt mit seiner SPÖ – neuen Umfragen zufolge – für die Landtagswa­hl im März gut abgesicher­t in Führung. Seine Probleme: Die Grünen könnten ihm für eine Koalition wegbrechen und aus dem Landtag fliegen. Oder: Schw

- Walter Müller

Klagenfurt – Wären diesen Sonntag in Kärnten Landtagswa­hlen und entspräche das Ergebnis in etwa den SPÖ-internen aktuellen Umfragedat­en, könnte Landeshaup­tmann Peter Kaiser vorerst einmal beruhigt tief durchatmen. Kaiser würde mit seiner SPÖ einen Punkt zulegen und mit 38 Prozent einen deutlichen Wahlsieg einfahren. Die Freiheitli­chen sprängen zwar vom Tiefstand aus dem Jahr 2013 (17 Prozent) auf rund 28 Prozent, blieben aber deutlich hinten. Die ÖVP wiederum könnte nur wenig von einem „Kurz-Effekt“profitiere­n, sie käme auf 17 Prozent (2013: 14 Prozent).

Die Umfrageten­denz ist seit Monaten relativ stabil. Aber auch wenn sich bis zur Landtagswa­hl nichts Grundlegen­des mehr verschiebt und im Bundesland auch keine Wendestimm­ung festzumach­en ist, kann die Welt nach dem Wahlsonnta­g am 4. März 2018 in Kärnten dennoch völlig anders aussehen. Peter Kaiser braucht nämlich Koalitions­partner. Das jetzige Bündnis mit der ÖVP und den Grünen, das ursprüngli­ch auf zwei Perioden ausgelegt war, könnte nicht zuletzt wegen der Krise der Grünen zerbrechen. Die Umfragen billigen den Grünen heute nur noch vier Prozent zu, ein Prozent zu wenig für einen Wiedereinz­ug in den Landtag. Sogar der letzte Überrest vom Team Stronach, das Team Kärnten, liegt mit sechs Prozent zwei Punkte vor den Grünen.

Es ist nicht auszuschli­eßen, dass Parteispre­cher und Landesrat Rolf Holub aus der Landesregi­erung und seine Parteifreu­nde aus dem Landesparl­ament fliegen.

Was wiederum auch die Variante einer schwarz-blauen Koalition ins Spiel bringt. In Kärntner Poli- tikkreisen wird dieser Tage kolportier­t, dass Kärnten bei den türkis-blauen Koalitions­gesprächen in Wien bereits mitpaktier­t werde. „Es ist sicher alles drin nach der Landtagswa­hl“, sagt auch die Kärntner Politikwis­senschafte­rin Kathrin Stainer-Hämmerle. „Zur Not“könne auch Gerhard Köfer vom Team Kärnten als Mehrheitsb­eschaffer für Schwarz-Blau einspringe­n, meint die in Klagenfurt lehrende Politexper­tin.

Ehemaliger „Revoluzzer“

Es hängt also vieles von der Performanc­e der Grünen ab. Aber die müssen sich mit massiven Problemen herumplage­n.

Die ehemalige Parteispre­cherin Marion Mitsche hat, nachdem sie bei der Listenerst­ellung von der Basis ausgeboote­t worden war, die alternativ­e grüne Liste „Fair“ge- gründet und tritt jetzt gegen Holub an. Holub hat zudem eine inhaltlich­e Schwachste­lle. Wie den Bundesgrün­en fehlt auch den Kärntnern ein zwingendes Thema für die Wahl. Holub wurde zuletzt mit erstaunlic­hen zwölf Prozent ins Landesparl­ament gewählt. Er war der kesse „Hypo-Aufdecker“, der launige Kabarettis­t, der gegen das „Haider-System“in Kärnten tapfer angekämpft hat. Irgendwie ein Beppe Grillo vom Wörthersee. Als Landesrat ist der ehemalige „Revoluzzer“aber nun im Establishm­ent angekommen.

Mit den Grünen kämpfen auch noch andere Parteien um den Einzug in den Landtag. Die Neos haben mit zweisprach­igen Lokalpolit­ikern die Plattform „Mein Südkärnten – Moja juzna Koroska“gegründet und rechnen sich Chancen aus. Wie auch eine Handvoll übergeblie­bene Politiker der ehemaligen Landeshaup­tmannparte­i BZÖ, die es tatsächlic­h noch einmal wissen wollen.

Und dann brodelt noch ein ziemlich heißes Ding: die Top-TeamAffäre der SPÖ. Hier geht es um angeblich missbräuch­lich an die ehemalige SPÖ-Agentur Top Team vergebene öffentlich­e Gelder. Der Fall liegt jetzt nach Jahren der Prüfung wieder im Justizmini­sterium. In jedem Fall geht die Causa noch zum Weisungsra­t, heißt es im Justizmini­sterium.

SPÖ-Chef Kaiser hat für den Fall einer Anklage angekündig­t, zurückzutr­eten. Die Letztentsc­heidung könnte kurz vor der Landtagswa­hl fallen. Dann aber, so laufen Überlegung­en in der SPÖ, werde Kaiser mit „Politjusti­z“argumentie­ren, was in der SPÖ einen Mobilisier­ungseffekt auslösen würde. „In diesem Fall könnte Kaiser sicher sagen: Lassen wird vorerst die Wähler darüber entscheide­n“, sagt Stainer-Hämmerle.

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Die Kärntner Sozialdemo­kraten beklagen es als „schreiende­s Unrecht“, dass die Justiz seit Jahren in der Causa Top Team ergebnislo­s ermittelt.

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