Der Führer in der Lederdisco
Das deutsche Duo DAF gastierte in Wien. Mit einem hin- und mitreißenden Auftritt untermauerte es seine anhaltende Bedeutung und Ausnahmestellung. DAF erwiesen sich als intensiv, wild und stark. Belvedere ortet „zweifelhafte Kunstkäufe“Hussleins
Wien – Wer Anfang der 1980er jung war, ist heute, nun ja, nur noch mitteljung. Da besteht die Gefahr, dass Zusammenkünfte dieser Generation nostalgisch ausfallen, sich in die Erinnerung an die wilden Zeiten die ersten Krankenbefunde und Partezettel mischen. Die Leberwerte? Reden wir lieber nicht davon. Am Samstag kam es in Wien zu so einer Zusammenkunft. Hundertschaften mitteljunger und tatsächlich junger Menschen standen geduldig in der Schlange vor dem Club Grelle Forelle am Donaukanal, um eine Band zu sehen, die damals ganz vorne war: die Deutsch Amerikanische Freundschaft.
Doch es wurde kein bunter Abend im Lichte der Verklärung. DAF erwiesen sich als zeitlos gut. Intensiv, wild, stark. Das ist keine neue Erkenntnis. DAF zählt neben Kraftwerk oder Can zu den wichtigsten deutschen Bands. Mit ihrer knappen Aufstellung – Schlagzeug, Synthesizer und Gesang – schuf sie eine Ästhetik, die noch immer unverschämt modern klingt und Vorlage für viele Bands und Stile wie Electronic Body Music oder Techno war.
Mit haarspalterischer Nomenklatur hatte man sich Anfang der 1980er nicht aufgehalten, heute definiert Sänger Gabi Delgado die Band in Du bist DAF als Punk und Electro, und man kauft ihm sowieso alles ab. Der DAF-Punk Delgado verfasst seine knappen Texte meist im Imperativ. Seine Befehle befördern jedoch eine fröhliche, lebensbejahende Mission, der Mann ist immerhin Buddhist.
Als die Mauer noch stand, der Krieg kalt und diese Musik atemberaubend neu war, mischten sie in ihre Lieder eine Doppeldeutigkeit, der viele nicht gewachsen waren. Schon das für Punk typische Spiel mit Zeichen – DAF stand einst für Deutsche Arbeitsfront – beförderte eine Konfusion, die Zeilen wie „... tanz den Mussolini, tanz den Adolf Hitler ...“befeuerten. Dazu inszenierten DAF sich verschwitzt und lederschwul, was Berufsversteher und Pädagogen den letzten Verständnisrest kostete: Dürfen die das?
DAF haben sieben Alben veröffentlicht, im Herbst erschien Das ist DAF, die Neuauflage ihrer vier klassischen Alben aus den Jahren von 1980 bis 1982. Gerade ist ein ebenso betiteltes Buch im Verlag Schwarzkopf & Schwarzkopf erschienen, zurzeit tourt man.
Nach dem Intro, in dem Delgado verlangte, das Publikum möge doch mindestens die Erde beben lassen, stürzten sich die zwei in das programmatische Verschwende deine Jugend. Ein ewiges Manifest, das der heute 59-jährige Sänger mit breitem Grinsen darbot. Es folgte Der Mussolini, das kein Nazilied ist, sondern – ganz schwer zu verstehen! – die Austauschbarkeit von Ideologien behandelt. Delgado durchmaß dramatisch die Bühne, brüllte: „Und jetzt nach links! Jetzt nach rechts!“Das Spätere Alle gegen alle wurde am Tanzboden vorweggenommen.
Dringlichkeit und Sexiness
Früher kamen die trockenen Rhythmen vom Korg-Synthesizer, heute aus dem Laptop. Diese sind die Vorlage für Robert Görl, der sie vom Schlagzeug aus mit einer Extraportion Dringlichkeit versieht. Er verleiht dem DAF-Sound seine minimalistische Sexiness: knappe Synkopen mit der Sturheit eines Galeerentrommlers – ein Traum, man könnte ihm stundenlang zusehen. Dabei begnügten sich DAF live nicht damit, ihre Songs ordentlich nachzustellen, sie erlaubten sich eine Lässigkeit, ohne weniger druckvoll zu spielen.
Delgado erfüllte Titel wie Sex im Wasser mit Leben, fieberte durch Sato-Sato, ließ den Osten hochleben und erinnerte an seinen Herzschlag: Mein Herz macht Bum. Er predigte Sex in der Sprache der Liebe, und am Ende folgte ein Dreierziegel aus dem Räuber und der Prinz, Kebab-Träume und die frohe Adventbotschaft Alles ist gut. Wollte man die Deutsch Amerikanische Freundschaft in drei Worten beschreiben, dann mit diesen. Wien – Die Aufarbeitung der Ära Husslein im Belvedere ist von einem Abschluss noch weit entfernt. Die seit Juli 2016 laufenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zu den Compliance-Verfehlungen gelten als beendet, über eine Anklageerhebung oder Einstellung des Verfahrens wurde jedoch noch nicht entschieden. Für Agnes Husslein, die derzeit für die ÖVP als Expertin für Kunst und Kultur in die Koalitionsverhandlungen involviert ist, gilt die Unschuldsvermutung.
Wie berichtet (30.10.), fordert das Belvedere von der Ex-Direktorin Regresszahlungen und erstattete beim Finanzamt jüngst Selbstanzeige. In letzterem Fall geht es einem aktuellen Bericht der Presse (3.12.) zufolge um eine Nachzahlung von rund 24.000 Euro aus der privaten Nutzung des Dienstautos und des Chauffeurs. Husslein selbst hatte mehrfach betont, aus Kostengründen auf einen Dienstwagen verzichtet zu haben. Dem widersprach Kuratoriumsvorsitzende Andrea Ecker und verwies auf einen im Frühjahr 2016 georderten Audi A6.
Laut Presse liegen die Regressforderungen „im sechsstelligen Bereich“. Sie resultieren etwa auch aus „zweifelhaften Kunstankäufen“, die „ohne die nötige Zustimmung des Kuratoriums“erfolgt seien. Weiters soll es im Umfeld der Ausstellung Ai Wei Wei (2016) durch „grobe Fahrlässigkeit“zu Schäden und damit verbundenen Kosten gekommen sein. Husslein selbst wertet den Sachverhalt anders. Die Regressforderungen würden dazu dienen, die ihr zustehenden, jedoch noch nicht ausgezahlten Prämien zurückhalten zu können. (kron)