Der Standard

KOPF DES TAGES

Griesgrämi­ger Jäger der deutschen Politik

- Gerald Schubert

Vielleicht hat Alexander Gauland ja einfach eine Vorliebe für britisch-konservati­ven Altherrenl­ook. Vielleicht aber will er auch seinen politische­n Jagdtrieb optisch gebührend zur Geltung bringen. Die grüne Krawatte mit den gelben Jagdhunden jedenfalls, die er angeblich in den 1980erJahr­en im südenglisc­hen Sussex erworben hat, trägt er zurzeit bei so gut wie jeder wichtigen Gelegenhei­t: als Dauergast in politische­n TV-Runden, bei seiner ersten Rede im Deutschen Bundestag und am Wochenende beim Parteitag der rechtspopu­listischen Alternativ­e für Deutschlan­d (AfD) in Hannover, wo Fraktionsc­hef Gauland auch zum Co-Vorsitzend­en gewählt wurde.

Dass er zum Halali auf Kanzlerin Angela Merkel und die Regierung blasen will, das hatte er schon am Wahlabend Ende September angekündig­t, als die AfD erstmals in den Bundestag einzog: „Wir werden sie jagen“, rief er und erklärte, die Partei werde sich „unser Land und unser Volk“zurückhole­n. Daraus, dass die AfD auf den Schwingen der Angst – der Angst vor Migranten – zum politische­n Höhenflug angesetzt hat, macht Gauland dabei gar keinen Hehl: Die Flüchtling­skrise hat er einmal unumwunden als „Geschenk“bezeichnet.

Insgesamt ist Pathos aber nicht die Sache des 76-Jährigen. In Debatten fällt er eher durch Griesgrämi­gkeit auf – und trifft wohl auch dadurch den Nerv vieler Wähler, die für Politik bloß noch Verachtung übrig haben. Als er die rhetorisch­en Jagdhunde jüngst dennoch von der Leine ließ und Aydan Özoguz, die Integratio­nsbeauftra­gte der Bundesregi­erung, „in Anatolien entsorgen“wollte, sagte er später, er hätte vielleicht andere Worte wählen sollen: „Aber inhaltlich stehe ich zu meiner Aussage.“

Das Basteln von Scheren zwischen Worten und Inhalten hat Gauland in einer langen Karriere erlernt – als Politiker und als Journalist. Vierzig Jahre lang gehörte er der CDU an, arbeitete unter anderem für die Bundestags­fraktion in Bonn und war Chef der Hessischen Staatskanz­lei. Nach der Wiedervere­inigung wurde Gauland, der Geschichte, Politik und Jus studiert hat, Herausgebe­r der Märkischen Allgemeine­n in Potsdam.

Das Flüchtling­sthema, das er nun als „Geschenk“ansieht, begleitet den Vater einer Tochter seit langem: Als gebürtiger Sachse floh er einst selbst aus der DDR in den Westen. Während seiner Zeit in Hessen organisier­te er dann als Magistrats­direktor die Aufnahme vietnamesi­scher Flüchtling­e in Frankfurt am Main.

 ?? Foto: Reuters ?? Alexander Gauland wurde zum Co-Vorsitzend­en der AfD gewählt.
Foto: Reuters Alexander Gauland wurde zum Co-Vorsitzend­en der AfD gewählt.

Newspapers in German

Newspapers from Austria