Söder folgt Seehofer als Ministerpräsident in Bayern
Der Erbfolgekrieg ist zu Ende: Markus Söder wird Horst Seehofer 2018 in Bayern als Regierungschef ablösen, gelangt aber nicht an die CSU-Spitze. Dort bleibt Seehofer, um die große Koalition in Berlin zu schmieden.
Er hat es fast geschafft. Der bayerische Finanzminister Markus Söder (CSU) wurde am Montag einstimmig als Nachfolger des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer nominiert. Seehofer wird – nach massiver parteiinterner Kritik – sein Amt im Laufe des ersten Quartals 2018 abgeben und die CSU nicht mehr als Spitzenkandidat in die bayerische Landtagswahl im Herbst 2018 führen. Doch er bleibt der CSU als Parteichef erhalten und will seine bundespolitische Erfahrung nun bei den Sondierungsgesprächen über eine große Koalition mit den Sozialdemokraten in Berlin einbringen.
Die „frohe Kunde“in die Runde zu bringen – das musste sich Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer am Montag nicht antun. Eigentlich hatte er den weiteren Aufstieg von Bayerns Finanzminister Markus Söder ja verhindern wollen, da er seit langem Vorbehalte gegen ihn hegt.
In der CSU munkelt man, Seehofer vermute im Söder-Lager jene undichte Stelle, die der Bild- Zeitung 2007 steckte, dass er ein uneheliches Kind hat. „Schmutzeleien“und „charakterliche Schwächen“hat Seehofer Söder einmal vorgeworfen – auch, dass dieser vom „Ehrgeiz zerfressen“sei.
Aber der schwächelnde Seehofer war nicht mehr stark genug, um Söder einzubremsen. Und so trat CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer am Montagvormittag nach der Fraktionssitzung vor die Presse und verkündete Söders halben Triumph: Der Weg für den 50-jährigen Franken an die Spitze der bayerischen Landesregierung ist frei. Seehofer hatte zuvor in der Fraktion seinen Plan vorgestellt, und der sieht so aus:
Rücktritt erstes Quartal 2018
Er selbst wird, entgegen früheren Ankündigungen, nicht mehr als Ministerpräsident und Spitzenkandidat in die Landtagswahl im Herbst 2018 ziehen, sondern sein Amt als Regierungschef im ersten Quartal niederlegen. Ihm wird dann Söder folgen.
Der muss natürlich noch von der Fraktion gewählt werden, aber das dürfte eine Formalität sein. Am Montag sprach sich die Fraktion per Akklamation für ihn als Seehofer-Nachfolger aus. Innenminister Joachim Herrmann (CSU), dem der Gedanke an eine Gegenkandidatur nachgesagt worden war, warf seinen Trachtenhut dann doch nicht in den Ring.
Somit kommt Söder zwar an seinem Konkurrenten und SeehoferVertrauten Herrmann vorbei – aber nicht ganz an Seehofer selbst. Der nämlich will schon noch CSUChef bleiben und sich auf dem Parteitag am 15. und 16. Dezember der Wiederwahl stellen.
Söder erklärte am Montag, diese Lösung gut zu finden: „Politik ist immer eine Mannschaftsleistung, einer alleine kann nichts ausrichten.“Die größte Herausforderung ist für ihn der Erhalt der absoluten Mehrheit. Seehofer tritt ja (zur Hälfte) ab, weil die erfolgsverwöhnte CSU bei der Bundestagswahl nur auf 38,8 Prozent kam und ihr schlechtestes Ergebnis seit Jahrzehnten einfuhr.
Schafft die AfD den Einzug in den Landtag, dürfte es mit der Absoluten für die CSU schwierig werden. „Deswegen kommt es jetzt darauf an, vor der Geschichte zu bestehen“, sagt Söder mit Blick auf die Konkurrenz am rechten Rand und preist das Tandemmodell mit Seehofer: „Dazu ist es wichtig, dass die Stärksten eng zusammenarbeiten.“
„Das Werk ist getan“
Am Nachmittag zeigte sich auch Seehofer und verkündete: „Das Werk ist getan.“Seinen Schilderungen zufolge kommen nun herrliche Zeiten auf die CSU zu: „Ich habe Markus Söder – und er mir – eine gute Zusammenarbeit versprochen.“Dass diese Konsenslösung nun gefunden wurde, das war laut Seehofer „ein großer Kraftakt mit viel Zeitaufwand“. Nun aber könne er sagen: „Es ist ein Tag, der mich rundum zufrie- dengestellt hat. Wir werden zur gewohnten Stärke zurückfinden.“
Ob es ihm denn gar nicht schwerfalle, nach zehn Jahren als Ministerpräsident zu weichen, wurde Seehofer gefragt. Seine Antwort: „Es wäre unehrlich, wenn man sagen würde, das fällt einem persönlich leicht.“Aber: „Der Wechsel gehört zum Leben.“
Apropos Wechsel: Warum er den Rivalen jetzt als Nachfolger vorschlage, wollte jemand von Seehofer wissen. „Die Lebenserfahrung“, meinte Seehofer. Und die sagt ihm auch, dass seine Vorwürfe gegen Söder die künftige Arbeit „überhaupt nicht“belasten würden. Seehofer: „Ich weiß gar nicht mehr, wann das war. Irgendeine Weihnachtsfeier.“
Jedenfalls beginne die CSU „ab heute neu, und nicht nach dem Parteitag“. Als Parteichef bleibt Seehofer der CSU ja erhalten. Das entspreche einem „vielfachen Wunsch – vor allem vor dem Hintergrund der Lage in Berlin“. Er könne aufgrund seiner „jahrzehntelangen Erfahrungen“einen „wichtigen Beitrag“bei den Koalitionsgesprächen leisten. Ein Amt in Berlin strebt Seehofer allerdings nicht an.
Noch ist auch nicht klar, ob es tatsächlich zu einer großen Koalition kommt. Die SPD wird zunehmend williger. Am Montag beschloss der Vorstand, dem Parteitag (Donnerstag bis Samstag) die Aufnahme von ergebnisoffenen Sondierungen mit der Union zu empfehlen. Geben die Delegierten ihr Okay, dann können die Sondierungen in der nächsten Woche starten. Der Parteitag wird für SPDChef Martin Schulz nicht einfach. Die Jusos haben bereits einen „No GroKo“-Aufruf gestartet, den bis Montag mehr als 10.000 Mitglieder unterschrieben haben.