Jemens Expräsident tot
Vergangene Woche kündigte Ali Abdullah Saleh seine Allianz mit den Huthi-Rebellen auf und bot sich Saudi-Arabien als Verhandlungspartner an. Am Montag töteten die Huthis den jemenitischen Expräsidenten.
Der Tod von Jemens Expräsident Ali Abdullah Saleh durch die mit Iran verbündeten Huthis ist ein Rückschlag für die Saudis.
Sanaa/Wien – Den letzten politischen Seitenwechsel hat er nicht überlebt: Ali Abdullah Saleh (75) wurde am Montag in der jemenitischen Hauptstadt Sanaa von Huthi-Rebellen getötet. Mit ihnen war er 2014 eine Allianz eingegangen, von ihnen hatte er sich vergangene Woche losgesagt und war zum „Verräter“erklärt worden. Saleh hatte sich Saudi-Arabien, das eine gegen die Rebellen kämpfende Koalition anführt, als Verhandlungspartner angeboten.
Nach anfänglichen Erfolgen in der darauffolgenden bewaffneten Konfrontation zwischen Salehund Huthi-Anhängern schien zuerst Saleh zu überwiegen: Am Sonntag wendete sich jedoch das Blatt, die Huthis begannen ihre Positionen in Sanaa zurückzuerobern, obwohl Saudi-Arabien seine Angriffe aus der Luft intensivierte.
Am Montag drangen die Huthis bis zum Haus Salehs vor und sprengten es. Saleh wurde getötet, offenbar durch einen Kopfschuss. Erste Berichte wurden mit im Internet kursierenden Fotos des Toten untermauert, später kamen Bestätigungen aus Salehs Partei GPC (Allgemeiner Volkskongress) und aus seiner Familie.
Saleh war 34 Jahre lang Präsident gewesen, als er 2012 zugunsten seines Vizepräsidenten Abd Rabbo Mansur Hadi zurückgetreten ist: von 1978 bis 1990 im Nordjemen, nach der Vereinigung mit dem Süden in der Republik Jemen. Einst treuer Verbündeter Saddam Husseins im Irak, wurde er nach 2001 Partner der USA im „war on terror“. Al-Kaida konnte sich im Jemen trotzdem ausbreiten.
Machtübergabe 2012
Als im Frühjahr 2011 auch im Jemen im Rahmen des Arabischen Frühlings Proteste und gewalttätige Unruhen ausbrachen, harrte Saleh zuerst auf seinem Posten aus – obwohl er im Juni bei einem Angriff auf seinen Präsidentenpalast schwer verletzt worden war.
Erst nach einer schwierigen Vermittlungsmission des Golfkoope- rationsrats ( GCC) unter Führung Saudi-Arabiens erklärte er sich zum Rücktritt bereit und verließ im Jänner 2012 den Jemen. Hadi wurde im Februar als Präsident bestätigt. Zur Überraschung vieler kehrte Saleh jedoch wieder zurück und mischte weiter aus dem Hintergrund in der jemenitischen Politik mit. Ihm und seiner Familie war bei seinem Rücktritt Immunität zugesichert worden, zum Ärger der Revolutionäre von 2011.
Wie in anderen Ländern des Arabischen Frühlings auch scheiterte in Jemen der Übergang zur Demokratie: Hadi wurde nicht, wie ursprünglich geplant, 2014 durch einen neuen, frei gewählten Präsidenten ersetzt. Im Jemen wurde der Transitionsprozess anders aufgestellt als in Ägypten, Tunesien und Libyen: Zuerst sollte durch einen umfassenden „Nationalen Dialog“der Konsens für ein neues System gefunden wer- den. Dieser schwierige Dialog fand auch tatsächlich statt – aber er brachte eine föderale Neuordnung des Jemen, die jedoch die Huthis, die sich seit 2004 in einem Aufstand gegen Sanaa befanden, nicht akzeptierten.
Seitenwechsel zu den Huthis
Die Huthis sind ein zaiditischer Clan – die Zaiditen sind eine Untergruppe der Schiiten. Ihr Aufstand war jahrelang auf den Norden, auf die Provinz Saada, beschränkt. 2014 dehnten sie ihn auf das ganze Land aus, kontrollierten ab Herbst Sanaa und drangen bis in die südliche Hauptstadt Aden vor. Das gelang ihnen auch deshalb, weil sich Saleh – der als Präsident die Huthis brutal bekämpft hatte – auf ihre Seite schlug. Denn Saleh kontrollierte noch immer Teile der jemenitischen Armee.
Im März 2015 griff Saudi-Arabien mit einer Militärkoalition aufseiten der international anerkannten Regierung Hadis gegen die Rebellen ein. Aden und ein Teil des Südens wurde zurückerobert, Sanaa blieb jedoch in den Händen der Huthi-Saleh-Kräfte.
In den vergangenen Monaten verschärften sich die Spannungen zwischen den Rebellenfraktionen, es kam zu bewaffneten Konfrontationen. Bereits Ende August schien der Bruch nahe. Experten gingen jedoch eher davon aus, dass die Huthi-Saleh-Koalition überleben würde – um das Gewicht der Rebellen gegenüber der Saudi-Allianz zu erhalten.
Saleh wollte am Ende die Huthis loswerden, um einen Deal mit den Saudis zu schließen, um sich – beziehungsweise Familienmitgliedern wie dem Sohn Ahmed oder dem Neffen Tariq – eine Rolle in der Zukunft des Jemen zu sichern. Er konnte darauf zählen, dass die Huthis mittlerweile auch bei der Bevölkerung unbeliebt sind: Sie sind genauso korrupt wie ihre Vorgänger. Aber Saleh hat sie offenbar unterschätzt. Und auch die Saudis, die Salehs Seitenwechsel begrüßt hatten, gehen leer aus.