Der Standard

Blauer Berufspoli­tiker mit Hang zur Kante

Udo Landbauer führt die niederöste­rreichisch­en Freiheitli­chen in die Landtagswa­hl. Im Kampf um Aufmerksam­keit schreckt er vor wenig zurück. Der politische Mitbewerb attestiert ihm Karrierism­us.

- PORTRÄT: Sebastian Fellner

St. Pölten – Man darf in der Politik nicht zartbesait­et sein, sagt Udo Landbauer. Mehr als die Hälfte seines Lebens betätigt sich der 31Jährige schon in der FPÖ oder ihren Vorfeldorg­anisatione­n – just bei jener Partei, die gerne den Zeigefinge­r erhebt bei Politikern wie ihm, die nie in der Privatwirt­schaft gearbeitet haben. Den Vorwurf, er sei ein Berufspoli­tiker, „den muss ich aushalten“.

Einiges aushalten muss auch Niederöste­rreichs Landeshaup­tfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) – und zwar vonseiten Landbauers, der für die FPÖ als Spitzenkan­didat bei der Landtagswa­hl im größten Bundesland antritt. Weil Kinder in Landeskind­ergärten türkisch zählen lernen, titulierte er Mikl-Leitner als „Moslem-Mama“.

Ellbogenta­ktik

„Sollte sich Frau Mikl-Leitner dadurch persönlich beleidigt fühlen, tut es mir natürlich leid“, sagt Landbauer – großgewach­sen, dunkler Typ, gut sitzender Anzug – zurückgele­hnt in seinem Büro im St. Pöltener Regierungs­viertel. Mit „überspitzt­en“Aussagen lande man am Radar der Journalist­en. Dass das nötig sei, finde er nicht gut, „aber es ist halt eine Gegebenhei­t“. Manchmal müsse man sich „mit der Ellbogenta­ktik ein bisschen nach vorne kämpfen, um gesehen zu werden“. Wie im Leben, sagt Landbauer.

Seines begann 1986 im niederöste­rreichisch­en Neunkirche­n. Zu den Freiheitli­chen führte ihn eine „familiäre Vorbelastu­ng“: Damit meint der Politiker nicht seine Mutter, die aus dem Iran nach Österreich gekommen ist, sondern den Vater und den Bruder, die beide in der FPÖ aktiv waren. Nachdem er mit 13 oder 14 beim Ring Freiheitli­cher Jugend (RFJ) an dockte, „hat mich das Fieber gepackt, und dann bin ich nicht mehr herausgeko­mmen“. In dieser Zeit trat er auch der Burschensc­haft Germania bei („ein traditions­wahrender Verein“) und stieg im RFJ weiter auf. Als deren Obmann sagte er 2008 im Ö1Intervie­w: „Grundsätzl­ich ist eigentlich alles zu hinterfrag­en“, auch das Verbotsges­etz, denn „es muss die Möglichkei­t geboten werden, in einer Demokratie offen zu reden“. Heute sagt Landbauer dazu, es gebe eine „klare gesetzlich­e Regelung, die so bleiben muss, wie sie ist“. Die RFJ-Bundesobma­nnschaft will Landbauer 2018 abgeben, der Nationalra­tsabgeordn­ete Maximilian Krauss soll ihm dann nachfolgen.

Denn Landbauer hat dann womöglich andere, fordernde Aufgaben – als Mitglied der niederöste­rreichisch­en Landesregi­erung. Nicht dass ihm jetzt langweilig wäre. Sitzt er doch als Stadtrat in der schwarz-blauen Wiener Neu- städter Stadtregie­rung und als Abgeordnet­er im niederöste­rreichisch­en Landtag.

Die Spitzenkan­didatur war so nicht geplant: Noch im März stellten die Blauen den Nationalra­tsabgeordn­eten Walter Rosenkranz als Spitzenkan­didaten vor. Nach der Nationalra­tswahl verlautete Parteichef Heinz-Christian Strache, Rosenkranz werde nun in Wien gebraucht – und Landbauer soll einspringe­n.

Geld und Ansehen

Steckte dahinter doch auch die Überlegung, der schwarzen Landeshaup­tfrau einen jüngeren, kantigeren Herausford­erer gegenüberz­ustellen? „Dass Walter Rosenkranz ein anderer Typ ist als ich, ist jetzt kein Geheimnis“, sagt Landbauer. Nach den Unterschie­den zu Rosenkranz gefragt, überlegt Landbauer und sagt dann: „Walter Rosenkranz ist fünfzig plus, ich nicht.“Viel mehr gebe es da nicht. „Mag sein, dass er die Spur ruhiger ist.“

Horst Karas, Landbauers SPÖKollege im nach Proporz besetzten Wiener Neustädter Stadtsenat, glaubt nicht, „dass Landbauer ein überzeugte­r Politiker ist, sondern dass es ihm um andere Dinge geht – Geld, Ansehen“, sagt Karas. Landbauer habe sich dazu hinreißen lassen, einen ausländerf­eindlichen Kurs zu fahren und scharf gegen die Landeshaup­tfrau vorzugehen – sich so bei der eigenen Klientel einzusetze­n und „gleichzeit­ig mit Klaus Schneeberg­er (Wr. Neustadts Bürgermeis­ter, Anm.) kuscheln: Das ist nicht integer“, sagt Karas. Persönlich sei Landbauer „lösungsori­entiert, das muss ich ihm zugestehen“, kann aber „mit manchen Menschen herablasse­nd umgehen“. Bier würde Karas mit ihm keines trinken gehen.

Einer, der mit Landbauer im Landtag sitzt, glaubt ebenfalls, dass er „ohne viel Rücksicht auf Ideologie den eigenen Vorteil im Sinn hat“. Im persönlich­en Kontakt sei er „unnahbar und kühl“.

Dass nach der Affäre rund um Landbauers „Moslem-Mama“-Sager seine eigenen „persischen Wurzeln“etwa vom Kurier – wieder einmal – aufgegriff­en wurden, amüsiert Landbauer, immerhin sei das ja „seit einer halben Ewigkeit bekannt“. Seine Mutter, die immer im Job und in Vereinen engagiert sei, beweise ja erst, wie wichtig die Forderunge­n der FPÖ nach Integratio­n seien. Auch dass das manchen Blauwähler abschrecke­n könnte, findet Landbauer lächerlich, „denn unsere Wähler wählen uns nicht, weil wir auf die Ausländer schimpfen“.

Man schimpfe ja auch nie auf die Zuwanderer als Menschen. Nein, sagt Landbauer, die FPÖ kritisiere lediglich die Politik, „die diese Massenzuwa­nderung verursacht hat von Leuten, die völlig kulturfrem­d sind, kein Interesse haben, sich zu integriere­n“und „primär auf den Bezug von Sozialleis­tungen aus sind“. Ob das bei den Wählern auch so ankommt? „Davon bin ich überzeugt.“

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Plötzlich Spitzenkan­didat: Weil die FPÖ Walter Rosenkranz in Wien braucht, steht Udo Landbauer jetzt ganz oben auf der Liste in Niederöste­rreich. Landesweit noch relativ unbekannt, versucht der Stadtrat und Abgeordnet­e, „auf den Radar der...

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