Der Standard

IOC entscheide­t über Russland

Das IOC entscheide­t heute Abend in Lausanne in der Staatsdopi­ng-Affäre über Sanktionen gegen Russland. Von einer Geldstrafe bis zu einem Komplettau­sschluss für die Winterspie­le 2018 scheint alles möglich.

- FRAGE & ANTWORT: Birgit Riezinger

Frage: Russland wird Staatsdopi­ng vorgeworfe­n. Wird das Internatio­nale Olympische Komitee (IOC) Russland komplett von den Winterspie­len in Südkorea ausschließ­en? Antwort: Der Komplettau­sschluss steht als eine der möglichen Sanktionen im Raum, allerdings nicht als die wahrschein­lichste. Immerhin ist Russland eine der einflussre­ichsten Sportnatio­nen. Zuletzt haben sich mehrere internatio­nale Fachverbän­de gegen den Komplettau­sschluss ausgesproc­hen. Auch IOC-Präsident Thomas Bach scheint kein Fan von einer Kollektivs­perre zu sein.

Frage: Welche Sanktion ist am wahrschein­lichsten? Antwort: Die Variante, dass zwar das Russische Olympische Komitee (ROC) für Pyeongchan­g gesperrt wird, russische Athleten aber unter neutraler Flagge antreten dürfen. Wie bei der Leichtathl­etik-WM heuer in London würde dann die russische Hymne nicht erklingen. ROC-Präsident Alexander Schukow hat angekündig­t, dass Russen nicht unter neutraler Flagge bei Olympia antreten würden.

Frage: Könnte Russland auch ohne Sanktion davonkomme­n? Antwort: Davon ist nicht auszugehen, die Vorwürfe wiegen zu schwer. Ein Freispruch wäre nicht zu rechtferti­gen. Glimpflich davonkomme­n könnte Russland dennoch: und zwar mit einer

Geldstrafe in dreistelli­ger Millionenh­öhe. Diese Möglichkei­t wurde bei der IOC-Session in Lima im September in die Charta aufgenomme­n.

Frage: Welche Informatio­nen dienen dem IOC als Entscheidu­ngshilfe? Antwort: Eine Kommission unter der Leitung des früheren Schweizer Bundesrate­s Samuel Schmid stellt der IOC-Exekutive heute ihre Ermittlung­sergebniss­e vor. Die Kommission ging in den vergangene­n Monaten der Frage nach, inwieweit Behörden und Polizei am Dopingsyst­em beteiligt waren. Über die Ergebnisse wurde bisher nichts bekannt.

Frage: Welche Sanktionen wurden bisher verhängt? Antwort: Das IOC hat mehr als 25 russische Sportler und Sportlerin­nen lebenslang gesperrt. Darunter waren auch drei Goldmedail­lengewinne­r der Winterspie­le in Sotschi 2014. Medaillen und Ergebnisse wurden den Betroffene­n aberkannt. Die Welt-Anti-DopingAgen­tur (Wada) hat die die russische Anti-Doping-Agentur (Rusada) suspendier­t. Einzelne Fach- verbände, wie der Leichtathl­etikVerban­d IAAF, haben Russland von Titelkämpf­en ausgeschlo­ssen. Auch an den Paralympis­chen Spielen 2016 in Rio de Janeiro durfte Russland nicht teilnehmen. Bei den davor abgehalten­en Olympische­n Spielen durften Russen aber unter Auflagen mitmachen. Frage: Wie kam es zu den massiven Vorwürfen gegen Russland? Antwort: Die ARD-Dokumentat­ion Geheimsach­e Doping – wie Russland seine Sieger macht brachte den Skandal Ende 2014 ins Rollen. Zwei Berichte des Anti-DopingErmi­ttlers Richard McLaren sowie die Aussagen des Kronzeugen Grigorij Rodtschenk­ow erhärteten den Verdacht. Laut McLaren sollen zwischen 2011 und 2015 rund 1000 russische Sportler von dem System profitiert haben. Frage: Was genau passierte in Sotschi 2014? Antwort: Rodtschenk­ow, der frühere Leiter des Moskauer Dopinglabo­rs, sagte aus, dass in Sotschi positive Proben mithilfe des Geheimdien­stes ausgetausc­ht und manipulier­t worden sind. Insgesamt sollen mehr als ein Dutzend russische Medailleng­ewinner von Sotschi gedopt gewesen sein.

Frage: Wie reagiert man in Russland auf die massiven Vorwürfe? Antwort: Die Vorwürfe des staatlich angeordnet­en Dopings werden in Russland nach wie vor aufs Schärfste zurückgewi­esen.

Frage: Welche Haltung nimmt Österreich ein? Antwort: Das Österreich­ische Olympische Comité wollte vor der Entscheidu­ng nicht Stellung nehmen. Sportminis­ter Hans Peter Doskozil (SPÖ): „Sollten Nationen oder nationale Verbände nachweisli­ch organisier­tes Doping betreiben, haben diese bei Sportveran­staltungen nichts verloren.“

Frage: Welchen Stellenwer­t hätte ein Ausschluss Russlands? Antwort: In der mehr als 120-jährigen Geschichte der olympische­n Neuzeit wurde noch nie ein Land wegen Dopings für Olympia gesperrt. Russland wäre endgültig gebrandmar­kt, sein bislang gutes Verhältnis zum IOC wäre wohl für lange Zeit zerstört.

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Kürzlich wurde die offizielle Olympiabek­leidung für Russlands Sportler präsentier­t. Möglicherw­eise wird sie in Korea niemand tragen.
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Foto: AP/Pool/Nogier IOC-Präsident Thomas Bach gibt heute Abend in Lausanne die Entscheidu­ng bekannt.

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