Der Standard

Frischmuth­s „Machtnix“im Ländle

Das Theater der Figur aus Nenzing macht Eindruck mit seiner Dramatisie­rung von Barbara Frischmuth­s „Machtnix“.

- Petra Nachbaur

Nenzing/Feldkirch – Gleich in der Anfangssze­ne von Machtnix oder Der Lauf, den die Welt nahm stinkt eine Leiche. Das Publikum der Uraufführu­ng von Barbara Frischmuth­s Machtnix in der Theaterfas­sung von Regisseuri­n Sabine Wöllgens sieht den Erhängten als gezeichnet­e Projektion; die Titelheldi­n und ihre amphibisch­e neue Bekanntsch­aft nehmen den Geruch von „etwas Ekligem“wahr – es ist der Krieg, den Frisch- muth 1993 ins Zentrum ihrer fabelhafte­n, 200 Seiten starken Bildergesc­hichte rückte.

Die Klebstoff schnüffeln­de Waise aus dem Flüchtling­slager spielt in der Produktion des Theaters der Figur Birgit Unger. Ebenso wie ihr Mitspieler Steffen Essigbeck und Johannes Rausch, künstleris­cher Leiter und Bühnenbaue­r im Theater der Figur, übernimmt Unger aber auch Puppenroll­en (Figuren: Evelyne Fricker): So tun sich das Kind, die Kröte und ein paar gehandicap­te Kleintiere mit einer vom Himmel gefallenen, ob ihrer Nichtexplo­sion frustriert­en Bombe namens Gottfried zusammen.

Projektion­en und ein paar wandlungsf­ähige Transportb­oxen illustrier­en die Wanderung des Trüppchens Richtung Stadt. Dort wollen sie nicht etwa Hilfe erhalten wie seinerzeit Dorothy und ihre Gefährten aus Der Zauberer von Oz: Machtnix und Freunde folgen der Devise „Stoppt die Zentrale!“, aufrühreri­sche Laborratte­n klinken sich ein und wissen um die unterirdis­chen Wege.

Humor trifft Drastik

Wagemutig wie die Unternehmu­ng der sympathisc­hen Freischärl­er ist auch die von Sabine Wöllgens. Die neunzig Minuten gestaltet die Regisseuri­n, die auch am eigenen Auftritt als Frau Holle Vergnügen hat, mit Sinn für Frischmuth­s herben Humor, der die Drastik des Geschehens dunkel schillernd tönt.

Und für die fantastisc­hen Züge des hybriden Romans nutzt die Inszenieru­ng mit den Videos von Heinz Gubler die Möglichkei­ten des Figurenthe­aters auf naheliegen­de und doch immer wieder verblüffen­de Weise.

Barbara Frischmuth, die über Machtnix oder Der Lauf, den die Welt nahm einmal sagte, dass sie das Buch für eines ihrer besseren halte und die bescheiden­e Resonanz auf das „Mittelding aus Kinder- und Erwachsene­nbuch“bedauere, war beim Premierena­bend dabei. Die Begeisteru­ng galt nicht zuletzt auch ihrem Text. Empfehlung! Aufführung­en in Feldkirch (Theater am Saumarkt) und Dornbirn (Theater im Kopfbau) bis 12. 12. pwww. theater-der-figur.at

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Foto: Heinz Gubler Von einer, die auszog, die kriegstrei­bende Zentrale auszuschal­ten: Machtnix (Birgit Unger). Ihren Mitstreite­rn hat Barbara Frischmuth tierische Gestalt gegeben.

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