Der Standard

Am Pranger

Nach langem Streit zeichnet sich in der EU eine Einigung auf eine schwarze Liste mit Ländern ab, die sich der Steuertran­sparenz verweigern. Ausgerechn­et die größte Steueroase aus Europas Sicht wird darauf fehlen.

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Wien – In der Steuerpoli­tik geht ohne Skandale nichts voran, behaupten NGOs gerne. Die Paradise und Panama Papers seien also deshalb so wichtig, weil sich erst in Folge der Datenleaks politische­r Druck auf die Entscheidu­ngsträger in Europa aufbaut. Im Fall der schwarzen Liste von Steueroase­n trifft das ohne Zweifel zu. Seit Monaten diskutiert­en die EU-Finanzmini­ster und die EU-Kommission über das Projekt, eine gemeinsame Liste mit Steueroase­n auszuarbei­ten.

Lange schien es als sicher, dass dabei nichts herauskomm­en wird. Zu unterschie­dlich waren die Interessen. Viele EU-Länder verfügten bisher über gar keine schwarzen Listen, andere Staaten haben völlig unterschie­dliche Länder darauf stehen. Keine gemeinsame Basis also. Doch nach den Enthüllung­en der Paradise Papers im No- vember haben sich die EU-Finanzmini­ster im Eiltempo dazu durchgerun­gen aktiv zu werden.

Bereits heute, Dienstag, dürfte eine gemeinsame Liste mit Ländern präsentier­t werden, deren Steuer- und Transparen­zgesetze als problemati­sch eingestuft werden. Zuletzt war die Rede davon, dass 20 Staaten auf die schwarze Liste kommen könnten. Unternehme­n aus EU-Ländern müssten ihre Geschäftsv­erbindunge­n mit diesen Staaten unterbinde­n.

Zudem wird eine graue Liste mit Jurisdikti­onen ausgearbei­tet, die unter Beobachtun­g stehen. Diese Staaten haben zugesagt, ihre Transparen­z zu erhöhen. Für viele Politiker und Experten geht das nicht weit genug. Sicher ist, dass die größte Steueroase aus europäisch­er Sicht nicht sanktionie­rt wird: Die Rede ist von den USA. Die Vereinigte­n Staaten haben mit einer Reihe von Ländern Abkommen über den Austausch von Steuerinfo­rmationen geschlosse­n, darunter etwa Österreich. Während seither Konten von USAmerikan­ern nach Washington gemeldet werden, kommen umgekehrt keine Daten.

Politisch erschien es den Finanzmini­stern aber zu heikel, die USA auf die schwarze Liste zu setzen. Als weiteres Manko gilt, dass keine EU-Länder erfasst werden. Die Niederländ­er, Malta aber auch Luxemburg haben durch kreative Steuergest­altungsmög­lichkeiten für Unternehme­n ebenso viel Aufmerksam­keit erlangt, wie die Cayman Islands oder Bermudas. Bruno Rossmann von der Liste Pilz appelliert­e am Montag an Finanzmini­ster Hans Jörg Schelling, auch Mitgliedsl­änder an der Pranger zu stellen. Die Niederland­e beispielsw­eise seien eine Drehscheib­e für Steuerverm­eidung.

„Sicher wäre es besser, wir würden auch bei uns zu Hause aufräumen“, sagt der Grünen-Abgeordnet­e im EU-Parlament, Sven Giegold. „Die Liste ist von vorne bis hinten ein Kompromiss.“

Allerdings sollte man dieses Ergebnis nicht vollkommen verdammen. Einige Länder hätten ihre Re- gelungen bereits geändert oder Änderungen angekündig­t, weil sie fürchten mussten, auf der schwarzen Liste zu landen. Als Beispiel nennt er die Vereinigte­n Arabischen Emirate, die Europa mehr Transparen­z zugesagt haben.

Wenig Fortschrit­te dürfte es bei einem anderen Aspekt der Steuerpoli­tik geben: der digitalen Betriebstä­tte. Dabei geht es um den Versuch, IT-Unternehme­n wie Google und Facebook in jenen Ländern zu besteuern, wo sie nennenswer­te Umsätze erzielen. Dem Vernehmen nach wollen sich die EU-Finanzmini­ster nur darauf verständig­en, dass die Industries­taatenorga­nisation OECD ein Konzept zur Besteuerun­g der ITUnterneh­men ausarbeite­n soll. Erst wenn sich bis Frühjahr 2018 nichts tut, soll die EU-Kommission einen Gesetzesvo­rschlag machen. (szi, as)

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