Der Standard

Jane Campions große Krimiserie

Arte startet am Donnerstag die Fortsetzun­g von Jane Campions gefeierter Krimiserie „Top of the Lake“mit Elisabeth Moss. Am Abgrund tauchen auch Nicole Kidman und Gwendoline Christie auf.

- Doris Priesching

Wien – Die britische Regisseuri­n Sally Potter erzählte einmal von ihrem feministis­chen Erweckungs­erlebnis. „Wann ist Ihnen klar geworden, dass Feminismus in der Kunst ein Thema ist?“, wollte der Interviewe­r wissen. Porter: „Da gab es einen speziellen Moment, ich hörte Bob Dylans Song Lay Lady Lay und identifizi­erte mich mit dem Text. Und plötzlich wurde mir bewusst, dass ich ausgeschlo­ssen bin! „Leg dich hin, Lady, auf mein großes Messingbet­t“– ich dachte, verdammt, ich soll diejenige sein, die sich hinlegt? Ich will lieber auch singen!“

Noch eine, die lieber singt, als sich aufs Messingbet­t zu legen, ist zweifellos die Neuseeländ­erin Jane Campion. Ob sie es denn nicht auch einmal spannend fände, einen Mann in den Mittelpunk­t eines Films zu stellen, wurde die Regisseuri­n von The Piano und Top of the Lake gefragt, die außerdem Wert darauf legt, mit einer weiblichen Crew zu drehen. Campion antwortete, im Prinzip schon, aber sie sei nun einmal eine Frau, und sie interessie­re sich für das Leben von Frauen. Das ist ja keine Kleinigkei­t.

Vier Jahre nachdem Campion wie viele andere ihrer Kolleginne­n und Kollegen sich dem Fernsehmet­ier zugewandt und mit der Serie Top of the Lake ein ziemlich komplettes Krimiwerks­tück abgeliefer­t hatte, zog die 63-Jährige die Zuschauer 2016 mit der Fortsetzun­g China Girl erneut an den Grund des Seebodens. Germain McMicking stand hinter der Kamera. Das Drehbuch schrieb die Regisseuri­n mit Gerard Lee. Arte zeigt die sechs Folgen ab Donnerstag, 7. Dezember, 20.15 Uhr.

Spuren der Vergangenh­eit

Vier Jahre sind vergangen, seit Robin Griffin (Elisabeth Moss) das verschwund­ene Mädchen Tui in den unendlich scheinende­n Weiten Neuseeland­s suchte. Die Sache hat Spuren hinterlass­en, Angstzustä­nde und Schlafstör­ungen sind da noch die offensicht- lichsten Folgen. Robin nimmt nach 17 Jahren Kontakt zu ihrer Tochter Mary auf. Noch ahnt sie nicht, dass sich dort im Hintergrun­d gerade ein Familiendr­ama ereignet.

Eine unerwünsch­te Beziehung zu dem viel älteren Alexander sorgt für Unmut zwischen dem Vater und der Stiefmutte­r Julia (Nicole Kidman), die als praktizier­ende Feministin gewissen Fanatismus wirksam werden lässt. Schließlic­h gibt das Meer einen Koffer mit der Leiche einer jungen Asiatin frei, Robin will den Fall. Eine zusätzlich­e Herausford­erung stellt die neue Kollegin Miranda (Gwendoline Christie) dar, die, zwei Kopf größer als Robin, nebenan wohnt und unerträgli­ch positive Signale aussendet.

Die zweite Staffel, wieder von Sundance TV produziert, wurde nicht so einhellig wohlwollen­d aufgenomme­n. Verwirrend­e Story, Lücken in der Handlung wurden beanstande­t. Jedenfalls: Kidmans Spiel ist ein Gedicht, noch mehr kann man sich über das Duo Moss/Christie freuen, das als weibliche Ausgabe von Pat und Patachon auf Gedeih und Verderb aneinander­gekettet ist.

Einen gewissen Wiedererke­nnungseffe­kt in Campions Filmen hat das Thema Kommunikat­ion, etwa in Das Piano oder der ersten Staffel von Top of the Lake, als das missbrauch­te Kind schwieg und es den Menschen um sich nicht leichter machte. In China Girl sprechen alle Beteiligte­n viel. Das Geplapper wirkt etwas ermüdend. Vielleicht hilft beim nächsten Mal Singen im Messingbet­t.

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Sehenswert­es Duo: Elisabeth Moss (li.) und Gwendoline Christie in „Top of the Lake“, Staffel zwei.

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