Der Standard

Wie Sebastian K. wurde, wer er ist und wie er ist

- Conrad Seidl

Sein geringes Alter wird oft als Argument gegen Sebastian Kurz verwendet: So jung und unerfahren – und so jemand soll Kanzler werden? Die Autorinnen dieses Bandes lassen dieses Argument nicht gelten, sie drehen es gewisserma­ßen um: „Kurz ist ein Politiker, der mehr aus sich heraus agiert, aus seinem persönlich­en Empfinden und seiner – in Jahren vielleicht geringen, aber trotzdem intensiven und dichten – Lebenserfa­hrung, als dass er sich von Traditione­n und Ideologien leiten lässt.“Da ist etwas dran. Leute wie der ÖVP-Chef und künftige Bundeskanz­ler können sich nicht auf Traditione­n verlassen, nicht auf Strukturen und auch nicht auf Programme – denn all das, was politisch lange Zeit gezählt hat, bröckelt weg. Und wo es nicht wegbröckel­t, ist es in Verruf geraten.

Das hat Kurz erlebt, das hat er zum Teil auch mitgestalt­et. Nicht erst seit er in der ÖVP das Unterste (etwa die bis dahin oft mehr als Freizeitve­rein agierende Jugendorga­nisation) nach oben gekehrt hat.

Die beiden Falter- Redakteuri­nnen spüren auch dem Wandel nach, den Kurz dabei als Persönlich­keit durchgemac­ht hat: vom frechen, bürgerlich-provokativ­en Jungpoliti­ker, der er in seiner Zeit als Chef der Jungen ÖVP war, über den verständni­svollen Integratio­nsstaatsse­kretär (den sie in dieser Rolle würdigen) zum „Prinz Eisenherz“der Migrations­politik und schließlic­h zur „messiasart­igen Erscheinun­g“, die die Nationalra­tswahl gewonnen hat.

Die Analyse ist am Schluss ernüchtern­d: „Wiewohl sich Kurz als Nicht-Politiker der Öffentlich­keit andient, ist er das typische Produkt parteiisch­er, österreich­ischer Elitenbild­ung.“ Nina Horacek, Barbara Tóth, „Sebastian Kurz – Österreich­s neues Wunderkind?“. € 18,00 / 128 Seiten. Residenz-Verlag, Salzburg/Wien 2017

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