Der Standard

Österreich in schlechter Gesellscha­ft

Im Kampf gegen Steuerfluc­ht ist das Land weit von einer Vorbildfun­ktion entfernt

- Andreas Schnauder

Kann sich noch jemand an die AVZ erinnern? Wohl nur die wenigsten. Es handelt sich dabei um eine der Gemeinde Wien nahestehen­de Stiftung, die einst eine milliarden­schwere Beteiligun­g an der Bank Austria hielt. Gehaftet wird zwar immer noch für Verbindlic­hkeiten des längst in italienisc­her Hand befindlich­en Instituts, über Vermögensl­age und Verflechtu­ngen der Stiftung darf die Öffentlich­keit dennoch nichts erfahren. Die Stiftung ist nämlich nicht zur Veröffentl­ichung von Jahresabsc­hlüssen verpflicht­et.

Diese kleine Episode zeigt schon, wie klein Transparen­z in Österreich geschriebe­n wird. Ob es sich um eine Stiftung im Umfeld der Wiener SPÖ oder des Finanzmini­sters handelt: Einblicke sind unerwünsch­t. Daran wird auch das neue Unternehme­nsregister nichts ändern, das 2018 realisiert wird. Wer Zuwendunge­n der Privatstif­tungen erhält, also Begünstigt­er ist, kann auch in Zukunft verheimlic­ht werden. Österreich zeigt mit dem Beispiel recht gut auf, wie die Diskussion­en rund um Bekämpfung von Geldwäsche und Steuerverm­eidung verlaufen. Es wird zwar laufend angepasst, doch zum Schließen aller Schlupflöc­her fehlt der Wille.

Das heißt nicht, dass über die Stiftungen Geld gewaschen und Steuern hinterzoge­n werden. Aber Transparen­z stellt eine Voraussetz­ung für öffentlich­e Kontrolle dar, die wiederum den Druck auf die handelnden Personen erhöht. Erst die Paradise Papers haben kürzlich – zum wie vielten Mal eigentlich? – vor Augen geführt, wie munter das Abgabenver­steckspiel weiterhin abläuft. Das verstörend­e daran sind ja weniger die Konzerne und Reichen, die sich derartiger Konstrukte bedienen, sondern die konspirier­enden Staaten und Regierunge­n. a zählt Österreich sicher nicht zu den schweren Fällen, doch eine weiße Weste sieht auch anders aus. Mit zahlreiche­n günstigen Doppelbest­euerungsab­kommen wurden Holdings nach Wien gelockt, wie das Beispiel des in einen riesigen Korruption­sskandal verwickelt­en brasiliani­schen Konzerns Odebrecht zeigt. Auch auf der Route Russland–Zypern oder Russland–Liechtenst­ein zahlt sich ein Zwischenst­opp in Österreich aus. Und bei dieser Gelegenhei­t sei auch daran erinnert, dass das Land vor kurzem fast an den internatio­nalen

DGeldwäsch­epranger gestellt worden wäre, hätte Wien nicht in letzter Sekunde klein beigegeben.

Vorbildwir­kung, wie sie Nochminist­er Hans Jörg Schelling gerne beschwört, sieht anders aus. Das gilt auch für die Mitwirkung an schärferen internatio­nalen Bestimmung­en, die unter Kampf gegen Steuerfluc­ht subsumiert werden können. Da befindet sich Österreich nicht selten in schlechter Gesellscha­ft mit Ländern wie Malta, Luxemburg, Großbritan­nien und Irland. Das ist nicht nur bei der aktuell blockierte­n neuen Geldwäsche­richtlinie der Fall. Auch bei einer Abzugsteue­r für digitale Geschäfte, die Steuerspar­profis wie Google, Amazon oder Facebook treffen würde, kam im Kontrast zu den vollmundig­en Ankündigun­gen bisher nichts. Mit dem angepeilte­n EUGleichkl­ang kann man die „digitale Betriebsst­ätte“nämlich gleich zu den virtuellen Akten legen. Irland und andere mit Europasitz­en von IT-Giganten reich gesäte Staaten werden einer solchen Lösung nie zustimmen.

Vielleicht zeigt ein neuer Finanzmini­ster mehr Ambition. Von einem vermögende­n Stifter mit XXX-Erfahrunge­n mit maltesisch­er Steueropti­mierung war nicht mehr zu erwarten.

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