Der Standard

Einstinken ist kein Kulturgut

- Gerald John

Leere Wirtshäuse­r, vernichtet­e Arbeitsplä­tze, das Ende der Kaffeehaus­kultur: Die Gegner des Rauchverbo­ts in Lokalen, das im kommenden Mai in Kraft treten soll, sparen nicht mit düsteren Szenarien. Dabei reicht ein Blick in andere Länder, um die Schwarzmal­erei als Panikmache zu entlarven. Oder gehen Franzosen oder Iren vielleicht nicht mehr in Bistros und Pubs, seitdem die Glimmstäng­el von dort verbannt wurden?

Handfester als die Horrorprog­nosen sind jene Zahlen, die Gesundheit­sexperten liefern. In Österreich rauchen überdurchs­chnittlich viele Menschen, im Gegensatz zum Gros der westlichen Welt ist der Trend hierzuland­e auch nicht rückläufig. Kein Wunder, wenn Jugendlich­e in den Beisln und Bars allabendli­ch in Versuchung geführt werden. Und dass Nikotinsuc­ht jährlich zu vielen Tausend Krebserkra­nkungen führt, wird abseits von Communitys, die auch Mondlandun­g und Erderwärmu­ng für eine Propaganda­lüge halten, ja hoffentlic­h niemand bestreiten.

Stimmt, auch Alkohol ist ungesund. Doch wer sich ein Bier bestellt, lässt seinen Nachbarn erst einmal unbehellig­t – ganz im Gegensatz zum Raucher. Die für größere Gaststätte­n bereits vorgeschri­ebene Trennung funktionie­rt oft nicht richtig, etwa weil Türen offen stehen; in kleinen Lokalen gibt es sie gar nicht. Andere Menschen einzustink­en und zum Passivrauc­hen zu zwingen ist kein schützensw­ertes Kulturgut – sondern schlicht eine Zumutung.

Newspapers in German

Newspapers from Austria